■ Vorschlag: Dark Wave als Anti-Nazi-Sound: „Gruftis gegen rechts“ im Köpi
Eigentlich sind die Zeiten vorbei, wo Teile die Musikszene unter dem Label „Rock gegen rechts“ Gesinnung demonstrierten. Während in den 70er Jahren in Großbritannien „Rock against Fascism“ noch mit einer antifaschistischen Praxis verbunden war, wurde das Etikett später zunehmend aus Imagegründen von sozialkritischen LiedermacherInnen und linksblinkenden DiskurspopperInnen verwendet. Das war für einige Jahre sehr publikumswirksam, störte aber auch niemand. Am wenigsten die Rechten, die sich für diese Musik kaum interessierten.
Das ist in dem Musikgenre, in dem neuerdings gegen rechts mobilisiert wird, allerdings ganz anders. In der Dark-Wave-Szene, die sich vordergründig gegen Politisierungsversuche resistent zeigt, konnten sich in den letzten Jahren rechtsextremistische und nationalistische Tendenzen breitmachen. Die neurechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) lieferte auf ihren Kulturseiten die ideologische Begründung für das rechte Interesse an der Gruftiszene: „Wenn das Mystische und Irrationale, der Wunsch nach antiaufklärerischer Innenschau und gelebter Transzendenz ihre Stimme in der Jugendkultur finden, ist der ästhetische Konsens des Westens durchbrochen.“ In Zillo, der wichtigsten Musikzeitschrift der Gruftiszene, konnte die JF nicht nur eine Anzeige schalten, sondern mit Peter Boßdorf zeitweise auch einen ihrer ständigen Mitarbeiter als Autor etablieren. Auf der nach Hitlers Lieblingsfilmerin benannten Riefenstahl-Doppel-CD sind mit Forthcoming Fire, Death in June, Allerseelen und Strength through Joy (Kraft durch Freude) Bands vertreten, die nicht nur in der rechten Gothic-Szene Rang und Namen haben, sondern bisher auch auf vielen Grufti-Diskos gespielt werden.
Während Dark Waver linke KritikerInnen oft als zu dogmatisch abstempeln, stellen viele AntifaschistInnen alle Gothic-Fans in die rechte Ecke. Gegen dieses Pauschalurteil haben Bremer DJs unter dem Motto „Gruftis gegen rechts“ eine Broschüre über die rechten Umtriebe in der Dark-Wave-Szene erstellt und zum Boykott rechter Labels, Bands und Fanzines aufgerufen. Jetzt wollen auch in Berlin antifaschistische Gruftis mit Konzerten, Veranstaltungen und dem Nachdruck der Bremer Broschüre die rechten Geister unter die Dom-Platte bannen. Der Auftakt ihrer Aktivitäten ist ein Solidaritätskonzert: Linke Gruftbands sollen das nötige Geld für die Druckkosten der Informationsbroschüre einspielen. Peter Nowak
Solidaritätsparty für „Gruftis gegen rechts“, mit Endzeit, Korbak und Exedra, 21 Uhr in der Köpi, Köpenicker Str. 137
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