piwik no script img

Vorschlag zu Stuttgart 21Kompromiss erfordert neue Planung

Die von Heiner Geißler geforderte Kombi-Lösung würde wohl ein langwieriges neues Planfeststellungverfahren erfordern. Die Ablehnung der SPD dürfte wachsen.

Der Geißler-Vorschlag würde bedeuten: Ein neues Planfeststellungsverfahren. Dauer: 5 Jahre. Bild: dpa

STUTTGART taz | Für die Umsetzung des Kompromiss-Vorschlags von Heiner Geißler wäre nach Ansicht des Regierungspräsidiums Stuttgart ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig - was mindestens fünf Jahre Zeit in Anspruch nehmen würde.

Diese Einschätzung äußert die Behörde in einer Stellungnahme, die der taz vorliegt. Angefordert worden war diese Stellungnahme vom grün geführten Verkehrsministerium. Am Donnerstag will die baden-württembergische Landesregierung den Kompromissvorschlag beraten.

Zur Befriedung des andauernden Streits um den Bahnhof hatte Geißler eine Kombilösung präsentiert: Dabei soll nur ein Teil der Gleise unterirdisch gebaut werden; der Rest bliebe über der Erde. Während viele S21-Befürworter die Idee schnell abgelehnt haben, kündigte die grün-rote Landesregierung eine gründliche Prüfung an. Das Regierungspräsidium, das bei S21 die Funktion einer Anhörungsbehörde hat, sollte im Auftrag des Verkehrsministeriums vor allem die planungsrechtliche Situation bewerten.

Vorhaben nicht identisch

In seiner Stellungnahme kommt es nun zu dem Schluss, dass ein neues Planfeststellungsverfahren notwenig wäre, da die "Identität des Vorhabens" nicht gewahrt werde. Neu zu planen sei auf jeden Fall der kombinierte Kopf- und Tiefbahnhof, was etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen würde. Ebenso würde ein Anhörungsverfahren mindestens zwei Jahre dauern. Das Eisenbahnbundesamt bräuchte für den Planfeststellungsbeschluss bis zu einem Jahr Zeit. "Summa summarum müssen also für das Planfeststellungsverfahren als solches mindestens fünf Jahre angesetzt werden", heißt es.

Die SPD, die im Gegensatz zu den Grünen für S21 ist, müsste dieser Bewertung zufolge den Geißler-Vorschlag eigentlich sofort ad acta legen. Denn sie verstand unter der Prüfung laut Wirtschaftsminister Nils Schmid die Frage, ob der Vorschlag im Rahmen der jetzigen Planfeststellungen machbar wäre. Das Verkehrsministerium wollte dagegen prüfen, ob der Vorschlag grundsätzlich planungsrechtlich machbare wäre.

Zu dem Schreiben des Regierungspräsidiums wollte sich das Wirtschaftsministerium auf taz-Anfrage nicht äußern und erst die koalitionsinterne Abstimmung abwarten. Das Verkehrsministerium wollte zumindest die "fünf Jahre plus x" relativieren. "Man muss dabei berücksichtigen, dass die Kombilösung im Gegensatz zur reinen S21-Lösung viel mehr Flexibilität bietet", sagte ein Sprecher zur taz. Es schließlich möglich, an der einen Seite zu planen und an der anderen schon zu bauen. Zudem sei die Planfeststellung auch für S21 noch längst nicht abgeschlossen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • T
    ?Think?

    Meiner Meinung nach ist Geißlers Vorschlag einfach nur genial:

    1. Niemand verliert sein Gesicht (weder die bahn noch die gegner noch der bund, das land, die stadt)

    2. Der nicht "optimale" (ich glaube auch das hier auch wie die gegner das man dort an den worten ein wenig getrickst hat) Bahnhof ist keine lösung für ein so teures Projekt

    3.Wenn alle Hand in Hand an dieser besseren Lösung arbeiten ist dieses Projekt sicher schneller umzusetzen als dies jetzt "propagiert" wird.

  • T
    TheOrbitter

    Cindy, theosch:

    danke schön für Ihre Ausführungen.

  • T
    thors-sohn

    Ist denn wirklich die Mehrheit dagegen, oder sind die Gegner nur lauter?

    Es darf bitte nicht vergessen werden, dass zum demokratischen Grundprinzip auch die Akzeptanz für Mehrheitsentscheidungen gehört, auch bzw. gerade wenn man nicht der Mehrheit angehört.

    Pläne und Entscheidungen immer wieder "durchzukauen" bis mir die getroffene Entscheidung passt, ist ganz bestimmt nicht im Sinne einer funktionieren Demokratie!

     

    Mit Bitte um eine nüchterne sprich sachliche Betrachtung ...

  • F
    freund

    Nicht "die" SPD ist für S 21, sondern nur die völlig korrumpierte neoliberale Führungsclique um Schmidt der BW-SPD ist dafür, weshalb er jedes Mitgliedervotum zu K21 in der ach so demokratischen SPD verweigert. Es ist das gleiche Dilemma wie inberlin, wo auch die gescheiterten Schröder-Agenda-Versager nicht abtrreten wollen.

  • B
    Bitterle

    Schlimm an Stuttgarts Plänen war folgendes. Die Verlegung nach unten erfordert den Abriss des Nord und Südflügels des Bonatzbaus, was nur ermöglicht wurde dadurch, dass der Denkmalschutz in Stuttgart mundtot gemacht wurde, indem er in das Regierungspräsidium eingegliedert wurde und inzwischen nicht mal mehr einen eigenen Sprecher hat. Zusätzlich entsteht bei uns keine neue Promenade, sondern der zentrale Teil des einzigen Parks der Innenstadt wird 20 Jahre zur Großbaustelle und auf alle Zeiten zerstört.

  • L
    Lars

    @Alex: Gibts irgendeinen Beweis, für SPD-Filz? Nein... nein interessiert mich nur, wo Sie das her haben. Mich interessieren eigentlich immer nur belegbare Fakten. Alles andere ist Polemik. Die Partei spielt da bei meiner Meinungsbildung kein Rolle . Es ist nur immer hochinteressant das festzustellen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habs nicht so mit politischer Polemik. Auch mit Linker nicht. Linke Fakten sind mir lieber.

    Und noch etwas. Ich hatte mir mal den Spaß gemacht ein bißchen nachzurechnen. Vom 1.Spatenstich, bis zum Dauerbetrieb, kostet S21, bei angesetzten 4,5 Milliarden Euro, etwas 1,253481Mio pro Tag. Und es kommt was Sinnvoll hinten raus.

    Der nächste Papstbesuch in Deutschland, kostet lt. Focus 30Mio Euro. Der Papst ist 5 Tage hier. Bei Touristen ist der An-und Abreisetag für die Katz. Also bleiben 3 Tage effektiver Papstbesuch. das währen dann 10Mio pro Tag.Was hier hinten rauskommt erschließt sich mir nicht wirklich.

    Trotzdem, jeder Ökonom würde brüllen "Der Bahnhof ist ein Schnäppchen"

  • T
    theosch

    @TheOrbitter

     

    Ohje, schwierig, dies kurz und knapp zu erläutern. Zumal es hier soviele abzuwägende Aussagen gibt wie die über den schützenswerten Juchtenkäfer oder die behaupteten 24.000 Dauerarbeitsplätze. Hier ist also meine Meinung als bahnfahrender Nicht-Autobesitzer und stuttgarter Innenstadtbewohner seit 25 Jahren:

     

    TheOrbitter, Sie haben zunächst das Wesentliche erfasst: es geht bei S21 um freiwerdende Bauflächen.

     

    Diese werden erkauft mit einem nicht ausbaufähigen, engen Tiefbahnhof, der -entgegen der Meinung der Befürwortern- weniger leistungsfähig und fahrgastfreundlich ist als der derzeitige Kopfbahnhof.

     

    Zur zeit wird in meiner Nachbarschaft ein zweites stuttgarter ECE gebaut. Ein drittes ist u.A. auf den freiwerdenden Bahnhofsflächen geplant. Dass diese neuen Flächen also wie in Düsseldorf zum Schmuckstück der Stadt werden, bezweifle ich.

     

    Die präsentierten Kosten sind schöngerechnet und werden sich m.E. verdoppeln, zumal auch bei der bisherigen Planung der Bahn-Zulaufstrecken nachgebessert werden muss (Tunnelsicherheit, Engpässe bei Flughafen und Wendlinger Kurve).

     

    Bezahlen wird dies nicht nur Stuttgart, sondern auch das Land, der Bund, und somit jeder Steuerzahler. Wenig tröstlich, dass wir Stuttgarter dann nicht die einzigen Doofen sind.

     

    Mit der Geisslerschen Kombilösung kann ich übrigens leben; wenigestens wird da der Bahnhof verbessert und nicht vermurkst. Trotzdem: das Geld wäre sinnvoller investiert in dringend nötigen Verbesserungen des Bahnverkehrs an anderen Stellen.

  • C
    Cindy

    Sie reden von der Rhein-Promenade! Hier geht es aber darum, daß die Stadt mit sehr vielen Unwegbarkeiten im Untergrund, Mineralwasser, Gipskoiperschchten, die sehr wahrscheinlich reagieren wie in Leonberg, Schorndorf, Staufen zu kämpfen hat. In Leonberg muß deshalb jährlich der Tunnel saniert werden, der ist gottseidank oberhalb und macht nicht ganz soviel aus, wie ein Tunnel mit unsinnigem Bahnhof, der keine Verbesserung bringt, sondern nur Unsummen verschlingt und vieles ist noch nicht einmal planfestgestellt. Ausserdem hat die Bahn von vornherein bei den wahren Kosten gelogen. Es ist absolut keinerlei Vergleich zu einer Rheinpromenade.Ihre Rheinpromenade kann auch kein Großes Mineralwasservorkommen vernichten.

  • B
    Bahnfahrer

    Lieber Alex, es gibt auch sehr viele Grüne, die für Stuttgart 21 sind und das aus gutem Grund. Eis gibt auch ein Gründungsmitglied des BUND der aus diesem wegen der Ablehnung von Stuttgart 21 ausgetreten ist. Der angebliche Fils scheint hier wohl also eher einer zu sein der Grün zuerst an die Macht bringen, und jetzt an der Macht halten soll - wie sonst wäre die Unterstützung von Umweltverbänden zu verstehen, gegen ein Projekt massiv vorzugehen, das der Umwelt nützlich ist. Besonders zweifelhaft wird das BUND Engagement wenn man nun eine Kombilösung befürwortet, die die umweltrelevanten Nachteile des Kopfbahnhofes zu denen des Teifbahnhofes noch addiert.

  • W
    Weinberg

    Es wäre ein Wunder, wenn die SPD ihre Freundschaft zu den Immobilienspekulanten rund um das Projekt Stuttgart21 aufkündigen würde.

     

    Als S21-Befürworterin kann die SPD aber auf manchen Parteispenden-Euro hoffen - pecunia non olet (Geld stinkt nicht)!

  • A
    Alex

    Ein kleinen Fehler enthält der Bericht, denn dort steht: "Die SPD, die im Gegensatz zu den Grünen für S21 ist" und das ist falsch.

    Es gibt mittlerweile eine große Gruppe an der Basis der SPD, die gegen dieses unsägliche Projekt ist. Klaus Riedel (SPD) z.B. hat dazu gestern an der Montagsdemo gesprochen (http://www.youtube.com/watch?v=YoChzMg9zqA).

    Die Führungsriege dieser ehemaligen Volkspartei schneint wohl tief im S21-Filz mit drin zu stecken, anders ist die unsoziale S21-Befüworterschaft von z.B. Herrn Schmid und v.a. Herrn Schmiedel nicht zu erklären.

    Herr Schmiedel hat doch nur zum Ziel die Koalition zu stürzen, um mit seinen schwarzen Kameraden zu koalieren.

    Die SPD braucht sich mit solchen Führung nicht zu wundern, wenn sie in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

  • T
    TheOrbitter

    Was genau war nochmal so unendlich schlimm daran, daß der Stuttgarter Hauptbahnhof komplett unter die Erde verlegt werden soll?

    Die Frage kommt ein bißchen spät und eigentlich sollte man's mittlerweile oft genug gehört haben, aber trotzdem fehlt mir inzwischen der Hintergrund. Klar, das kostet 'ne ordentliche Stange Geld, aber kann man dann die ehem. oberirdischen Bahnflächen nicht in sinnvolle Nutzflächen umwandeln? Ich mein hier in Düsseldorf hat der Rheinufertunnel damals auch Geld verschlungen ohne Ende, aber die Verkehrsberuhigung und die dadurch ermöglichte Rheinuferpromenade sind heute ein Schmuckstück der Stadt.