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Vorschlag von Greenpeace"Castor-Transport macht keinen Sinn"

Niedersachsens Landesregierung will den Castor-Transport so richtig nicht, die Polizeigewerkschaft GdP ist für eine Absage. Greenpeace sagt: Günstiger ist's, wenn der Müll im Süden bleibt.

Bis ins Zwischenlager Gorleben soll der Castor in diesem Jahr nicht fahren, schlägt Greenpeace nun vor. Bild: dapd

GORLEBEN dpa/taz | Der vom niedersächsischen Ministerpräsident McAllister für November angekündigte Castor-Transport soll aus der Sicht von Greenpeace nicht ins Atommülllager Gorleben, sondern nach Baden-Württemberg gebracht werden.

"Wenn CDU und FDP in Berlin es mit dem Atomausstieg wirklich ernst meinen, macht ein erneuter Transport quer durch Deutschland keinen Sinn", sagte Tobias Münchmeyer von Greenpeace. Stattdessen solle der in jedem Jahr von massiven Protesten begleitete Konvoi in eines der Zwischenlager des AKW Neckarwestheim oder des AKW Philippsburg in Baden-Württemberg gebracht werden. Die Strecke sei kürzer, wodurch der Polizeieinsatz auch günstiger würde.

In beiden AKW-Zwischenlagern gebe es infolge des Atomausstiegs ausreichend Stellplätze für die Zwischenlagerung, betonte Münchmeyer. Zudem sei durch die grün-rote Landesregierung in Stuttgart die Zeit vorbei, in der CDU und FDP den Atommüll nur nach Norden abschieben wollten. "Der Castor-Transport 2010 muss der letzte nach Gorleben gewesen sein", betonte Münchmeyer. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die von ihr angekündigte Ergebnisoffenheit der Endlagersuche wirklich ernst meine, dürfe sie Gorleben nicht weiter als Endlagerstandort zementieren.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert eine Verschiebung. "Aufgrund der ohnehin schon hohen Einsatzbelastung und der kurzen Planungszeit ist der Polizei in Niedersachsen ein neuerlicher Castor nicht zuzumuten", sagte GdP-Landeschef Dietmar Schilff. Der Transport bringe "enorme Logistik- und Sicherheitsprobleme mit sich", so Schilff. Die verkürzte Vorbereitungszeit verkompliziere zudem die Planungen für Dienstpläne und die Unterbringung der Beamten.

"Die Frage stelle sich so derzeit gar nicht", betonte der Sprecher von Baden-Württembergs grünen Umweltminister Franz Untersteller. Deutschland sei zur Abnahme des Atommülls aus Frankreich verpflichtet. Da bislang allein das Zwischenlager Gorleben vom Bundesamt für Strahlenschutz die Genehmigung zur Lagerung dieses Atommülls aus der Wiederaufbereitung habe, komme man um einen Transport quer durch Deutschland gar nicht herum.

Die Genehmigung auf Neckarwestheim oder Philippsburg auszuweiten, sei zudem zeitlich bis zum Herbst nicht machbar. Im Übrigen seien auch gar nicht mehr so viele Lieferungen aus Frankreich zu erwarten. Im November 2010 hatte Untersteller - damals noch Energieexperte der Grünen-Oppositionsfraktion im Landtag - gefordert, die dezentrale Zwischenlagerung von Atommüll aus der Wiederaufarbeitung an den AKW-Standorten zu prüfen.

Sander (FDP): Zwischenlagerung im Süden

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hatte im vergangenen November noch im Landtag ein entsprechendes Verfahren vorgeschlagen. "Es wäre mehr als angemessen, wenn der aus baden-württembergischen Atomkraftwerken stammende strahlende Müll zur Zwischenlagerung wieder an die Erzeugerstandorte zurückgebracht wird", sagte er damals. Inzwischen sieht Sander jedoch nach eigenen Angaben ebenfalls keine Chance mehr, Gorleben den Atommüll zu ersparen."Es ist erfreulich, welche Unterstützung meine Vorschläge in Baden-Württemberg finden." Leider könne die "Initiative diesmal nicht umgesetzt werden. Aber ab 2014, beim Rücktransport der Behälter aus England, sollten wir den Vorschlag noch einmal in Angriff nehmen."

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte in dieser Woche angekündigt, dass im November der letzte Castor-Transport aus dem französischen La Hague ins Wendland gebracht werden soll. Insgesamt werden elf Castoren erwartet. Zwischen 2014 und 2017 ist nach Angaben des Umweltministeriums Niedersachsen zudem die Rückführung von 21 Behältern aus Sellafield (England) geplant. Insgesamt lagern in Gorleben derzeit 102 Transport- und Lagerbehälter (5 Brennelement-Behälter und 97 HAW-Glaskokillen-Behälter).

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8 Kommentare

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  • S
    stromanbieterwechsel

    "Ich bin sicher, auch Greenpeace wäre da wieder dabei zusammen mit anderen Umweltverbänden wieder ganz vorne dabei, den Protest der Lokal- und Berufsempöhrten anzuheizen und zu unterstützen."

     

    ...und das ist nur richtig so, denn erst wenn nicht weiter tag für tag atommüll produziert wird, ist es aufrichtig, den kritikern ihre grundsätzliche "dagegen" haltung vorzuwerfen.

     

    solange andere, z.b. inhaber von aktien und unternehmensanteilen, an der produktion von atommüll dividente erwirtschaften, halte ich es für aufrichtig, die auszahlung der mülldividende anteilig an jeden aktionär politisch und gesellschaftlich zu ermöglichen.

     

    damit sind sie dann wohl am zug, herr sander ;)

  • S
    Sebas

    Die Greenpeace-Forderung ist eigentlich nichts anderes als Aufruf zum Rechtsbruch - etwas was bei Greenpeace ja eine langfährige Tradition hat. Wie Herr Untersteller und Herr Sander ja ganz richtig sagen, erlaubt die Genehmigung der Standortzwischenlager gar nicht, etwas anderes als die abgebrannten Brennelemente der jeweiligen Anlage zu lagern. Dementsprechend wäre es schlicht und ergreifend illegal, würden die Regierungen und Betreiber den Vorschlag umsetzen.

    Die Einschränkung der Genehmigungen hatte beim Bau zum einen den Sinn, die Größe der Lager abschätzen zu können. Zum anderen war der Grund, dass Bürgerbewegungen, stark unterstützt und angeheizt von diversen Umweltorganisationen, gleich fürtchteten, "ihr" Standort werde zum "Atomklo" Deutschlands. Damals ließen sich die Leute oft nicht einmal gerade durch das Argument, die Genehmigung ließe eine Einlagerung standortfremder Abfälle gar nicht zu, kaum beruhigen ("Genehmigungen kann man ändern" u.ä.).

     

    Man dürfte sehr gespant sein, wenn Herrn Sanders Vorschlag, die Genehmigung zumindest bis 2014 auf Abfälle aus der Wiederaufarbeitung zu erweitern (bis Ende diesen Jahres ist das alleine aufgrund von Prüfungs- und Einspruchfristen nicht machbar), in die Tat umgesetzt würde. Ich bin sicher, auch Greenpeace wäre da wieder dabei zusammen mit anderen Umweltverbänden wieder ganz vorne dabei, den Protest der Lokal- und Berufsempöhrten anzuheizen und zu unterstützen.

  • S
    Sinnmacher

    Lieber Herr Helmig,

    dass die taz hier lediglich ein Zitat als Überschrift verwendet ist Ihnen aber schon aufgefallen, oder?

  • B
    BaWü-Schnecke

    Der Süden muß sich dagegen wehren. Ab nach Gorleben damit !

  • P
    Piefke

    "Stattdessen solle der in jedem Jahr von massiven Protesten begleitete Konvoi in eines der Zwischenlager des AKW Neckarwestheim oder des AKW Philippsburg in Baden-Württemberg gebracht werden. Die Strecke sei kürzer, wodurch der Polizeieinsatz auch günstiger würde."

     

    Argumentiert Greenpeace hier nicht mit den selbstorganisierten Protesten? Bin ich der einzige der dies ein wenig absonderlich findet? Wenn es ihnen tatsächlich darum ginge den Einsatz günstiger zu gestalten, wie wäre es dann mal damit friedlich zu beiben und sogenannte Schotterer in die Schranken zu weisen? Greenpeace ist wirklich ein witziger Haufen.

  • F
    Folklore

    Sicher würden viele, so wie ich den jährlichen Spass bei den Demos gegen den Castor-Transport vermissen. Das Schottern des Gleise, die abendlichen Zusammenküfte beim Lagerfeuer, das Wir-Gefühl während der gesamten Demo, die vielen Fahnen und Transparente und vieles mehr. Was bleibt mir dann noch? Ein wenig Krawall in der Nacht zum ersten Mai, Sitzblokaden in Stuttgart und Demos gegen die NPD. Das kann doch nicht alles gewesen sein, da muß doch ein neuer Event her, der die schöne alljährliche Folklore um den Castor-Transport ersetzen kann.

  • LK
    Lars Krause

    Schön, dass sich alle einig sind. Jetzt muss von Ba-Wü nur noch das Genehmigungsverfahren angestoßen werden!

  • SH
    Stefan Helmig

    Liebe taz,

     

    im Deutschen kann etwas Sinn haben oder Sinn ergeben - "Sinn machen" ist ein Anglizismus. Ich hätte da mehr von Euch erwartet...