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Vors Schienbein getreten

■ Kulturetat 94 und die Folgen: Stadtteilkultur steht das Wasser bis zum Hals

„Wir können hier in Zukunft inhaltlich kaum mehr arbeiten“, befürchtet Maria Jancke vom Haus Drei in Altona. Die gerade beschlossenen Kürzungen im Kulturhaushalt 1994 treffen besonders die kleinen Einrichtungen: Die Stadtteilkulturzentren und die Geschichtswerkstätten, die ohnehin durch das ABM-Debakel arg gebeutelt sind.

Wie im letzten Jahr steht eine Summe von ganzen 7,4 Millionen Mark für insgesamt 25 Kulturzentren zur Verfügung. Aber was nach außen wie ein gleichbleibender Betrag aussieht, ist in Wirklichkeit eine Kürzung: Nach Berechnungen von Ralf Henningsmeyer, Geschäftführer der Arbeitsgemeinschaft Stadtteilkultur, sorgen höhere Mieten, steigende Betriebs- und Lohnkosten für eine reale Verringerung von acht bis zehn Prozent. Henningsmeyer erläutert die Brisanz: „Viele Kulturzentren sitzten in öffentlichen Gebäuden — die erhöhte Miete fließt also an den Staat zurück. Das gleiche gilt für die Kosten von Energie, Wasser, Müll und natürlich Steuern.“

Dabei gibt es einen steigenden Bedarf an wohnortbezogenen Institutionen, in denen vor allem viel Kinder- und Jugendarbeit geleistet wird. Im Haus Drei wird geschätzt, daß nicht weniger als 300 Leute pro Tag die unterschiedlichen Angebote nutzen — von Sprachkursen am Morgen bis zu Kindergruppen am Nachmittag und Frauencafe und Theater am Abend. Die Räume des Gebäudes werden gegen ein geringes Entgelt an Gruppen vermietet; „Unsere Räume sind immer total ausgebucht“, erklärt Maria Jancke.

Die Crux für die betroffenen Zentren, die schon immer am Rande des Existenzminimums gewirtschaftet haben: Höhere Eintrittsgelder kommen nicht in Frage, denn gerade die Besucher aus einkommensschwachen Gruppen sollen auch weiterhin erreicht werden. Einsparungen sind also nur im Veranstaltungsetat denkbar, und der ist wegen der immensen festen Miet- und Personalkosten ohnehin der geringste Posten in der Kalkulation. „Wir arbeiten eh nur mit bescheidensten Mitteln; irgendwann bleibt nur noch eine Hülse bestehen, und es fängt an, sinnlos zu werden. Da muß man sich überlegen, ob man nicht lieber ganz aufhört“, sorgt sich Reinhard Strömer, Geschäftsführer der Motte.

Brigitte Abramovski sieht ihre Arbeit im Stadtteilarchiv Ottensen mit einem Projektetat von nur 12.000 Mark ebenfalls gefährdet: „Dabei wird immer betont, wie wichtig Geschichtswerkstätten sind, und auch das Bezirksamt nutzt unser Archiv fleißig.“

Probleme gibt es insbesondere auch bei den drei Einrichtungen, denen ein Umzug in größere Gebäude bewilligt worden war, die aber nun mit den höheren Folgekosten allein zu kämpfen haben. Betroffen sind die GWA St. Pauli, LOLA Bergedorf und der Kulturpalast Billstedt. Sabine Stüvesand von der GWA St.Pauli fühlt sich verschaukelt: „Das ist kontraproduktiv, denn bei einem neuen Projekt muß reingebuttert werden. Gerade in St. Pauli, dem ärmsten Stadtteil Hamburgs, vors Schienbein getreten zu werden, ist fatal.“

Birgit Maaß

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