: Vorlaute Ferkel überleben
■ Ein freundlicher Abend mit Timbuk 3 / Die Feuerzeuge blieben in der Tasche
„Thank's for coming on a Tuesday night, that's great.“ Herzlicher hätte die Begrüßung des amerikanischen Ehepaares Barbara und Pat McDonald im halbvollen „Modernes“ nicht sein können, die sich Timbuk 3 nennen. Die beiden jungen Menschen kauerten Wange an Wange vor dem Mikrophon, er mit Wuschelkopf und halbakustischer Gitarre, sie, groß und langhaarig mit einem Schellenring in der Hand. Einträchtig sangen sie von Geburtstagen und „nice clean assassinations“. Jahrestage und Morde? Hatten wir es mit einem Politduo zu tun? Ohne Frage waren die Texte des freundlichen Paares im Gegensatz zu vielen anderen Konzerten gut zu verstehen.
Der musikalische Vortrag von Barbara und Pat bewegte sich zunächst in Sphären, die durchaus den legendären „Steamhammer“ zugeordnet werden konnten, nur amerikanischer eben. Er mit Mundharmonika und seiner
Halbakustischen, sie mit einer schwarzen E-Gitarre. Dazu baten sie nach einiger Zeit Freund Wally auf die Bühne. Er spielte an einem Stehschlagwerk mit einem Jazzbesen und einem normalen Stick. Das Paar sang weiter sehr amerikanisch, und kurz bevor im Publikum die Feuerzeuge hervorgekramt wurden, schallte unüberhörbar Giftmüll („toxic waste“) vom Podium. Also doch Politniks.
Das Paar intonierte zu zweit weiter, diesmal ging es um „dance fever“. Die gnadenlos gute Laune war sogar noch steigerungsfähig. Lächelnd und eloquent wie der nette Junge von nebenan erzählte der wuschelige Pat von einem Schnellgericht aus Louisiana, das dort „dirty rice“ heißt. Nach dieser Einweisung für Nicht-Anglisten nahm Barbara eine Geige und setzte die vielen Worte in Musik um. Etwas lauter als vorher, leicht rockiger, aber immer noch viel besser in einen Country-Club aufgehoben
denn in einem großen Saal.
In nahezu Orwell'scher Manier, immer noch mit einem strahlenden Lächeln, trug die schlanke Barbara eine süße Geschichte von drei Ferkeln vor, die sprechen konnten. Zwei von ihnen durften leben bleiben, weil sie zu vorlaut waren, das dritte hielt das Maul und wurde geschlachtet. Diese message begleiteten sie mit einer Musik zwischen Bob Dylan und Crosby, Still and Nash, oh yeah.
Ein Song für Jim und Tammy Baker wurde angekündigt, weil Jim im Knast sitzt und er ganz viel LSD bekommen soll. Warum? Keine Ahnung, ehrlich. Ende? Nein, nein. 1. Zugabe. 2.Zugabe. Zu guter Schlecht sangen sie noch ein Liedchen über Arschlöcher, die allgegenwärtig sind, und da war nun auch den letzten klar: Die Timbuks hatten wirlich einen Anspruch. Zum Ende ihres Auftritts reimte sich „World War Three“ auf „Christmas Tree“. Alles hat seine Grenzen. Das war zu viel. Der amerikanische Komiker W.C.Fields sagte einmal treffend: „Wasser trinke ich nicht, da ficken die Fische drin.“ Jürgen Franck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen