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■ VorlaufRuge auf Reisen

„Gerd Ruge unterwegs“, 21.45 Uhr, ARD

„Das wird man uns schon sagen, wo wir das Kreuz machen sollen“, meint eine alte Frau fröhlich und ganz ohne Ironie. Die ARD hatte mal wieder ihren Edelpensionär losgeschickt, um vier Tage vor den russischen Parlamentswahlen die Stimmung in dem Riesenreich beschreiben zu können. Es ist seine zehnte „Unterwegs“-Reportage, seitdem er sich vor gut zwei Jahren angeblich in den Ruhestand verabschiedete. Doch diesmal ist es laut Ruge „kein reiner Reisebericht“, sondern eine politische Reportage aus dem Alltag des Landes, das der ehemalige Korrespondent wie kaum ein anderer kennt.

Die Reiseroute führte diesmal von Petersburg nach Moskau; drei Wochen lang ließ sich Ruge durch die Provinz treiben, begleitete Wolfsjäger in einem klapprigen Lastwagen, schwitzte in der Sauna eines Exkommunisten und heutigen Geschäftsmanns oder besuchte einen schweigsamen Pensionär, der Luftschlösser aus Streichhölzern bastelt. Und während der Ausbildung junger Armee-Offiziere blickte er den Lehrern über die Schulter, die im Sandkasten Atomkrieg spielen. Beinahe 40 Jahre, nachdem er zum ersten ARD-Korrespondent in Moskau berufen wurde, gelingen Ruge ungewöhnliche Perspektiven, weil er sich mehr für Politik als für Politiker, mehr für die „kleinen“ als die „großen“ Leute interessiert.

Die alten Menschen, meint Ruge, werden am Sonntag vor allem die Kommunisten wählen. Ansonsten haben die Russen „keine große Lust, über Politik vor der Kamera zu reden. Die Politik geschieht für sie irgendwo da oben in einem irrealen Raum.“tgr

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