■ Vorlauf: Todgeweihte klettern besser
„Der dreckige Tod“, Dienstag, 20.15 Uhr, Sat.1
Todgeweihte sind irgendwie die agileren Menschen: Gerne erinnern wir uns an Tom Hanks als aidskranken Anwalt in „Philadelphia“, dem bescherte die nahende Grubenfahrt erst den richtigen Karriereschub. Und wer wünschte sich nicht, mit der tödlichen Krankheit im Gesicht immer noch so gut auszusehen wie Tom? Heute abend werden wir lernen: auch die Strahlenkrankheit ist gar nicht so schlimm.
Heiner Lauterbach, als Brummifahrer Oskar Kunze seiner radioaktiven Schmuggelfracht beim Reifenwechseln etwas zu nahe gekommen, bekommt im Laufe seines „Dreckigen Todes“ zwar unschöne Pusteln, dafür kann er aber immer noch viel besser herumklettern und sich prügeln als unsereins bei blühender Gesundheit. Weil er seine wunderhübsche Frau Greta (Ina Weisse) versorgt und die rollstuhlgebundene Tochter Sasna (Franziska Bolik) operiert wissen möchte, braucht er Geld. Also klaut er bei der zweiten Fuhre das geschmuggelte Plutonium – eigentlich hätte er es doch in der Fernfahrerkneipe „La Strada“ abliefern sollen. Da wird ihm die Atom-Mafia aber ziemlich böse sein.
Karl Heinz Willschrei, Autor und Produzent, erzählt die Geschichte des Oskar Kunze konsequent aus dessen Perspektive: Hell, freundlich und immer warmherzig geht es daheim bei Kunzes zu; glatt, bedrohlich und technisch dagegen im Institut für Strahlenforschung. Das ist naiv, na gut, geschenkt, aber dafür macht es den Kunze sympathisch, und das nie für möglich Gehaltene passiert: Heiner Lauterbach, normalerweise als kotzbröckeliger Männlichkeitspillenvertreter gescheut, wird zur fürsorglichen Identifikationsfigur.
Wenn Oskar also Angst hat, wird es auch für den Zuschauer spannend, und wenn Oskar etwas nicht weiß, dann muß es auch der Zuschauer nicht wissen. Dieses spannende Nichtwissen bleibt bis zum Schluß – weil Kunze dann tot ist, werden wir nie erfahren, ob seine Tochter gesund wird und seine Witwe reich.Stefan Kuzmany
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