piwik no script img

■ VorlaufPech für die Zielgruppe

„Der Kopp“, Sonntag, 20.15 Uhr, Sat.1

Für mich haben sie das ganz bestimmt nicht gemacht. Aber angeblich mögen junge Männer so was ja. Zum Beispiel diese unnötigen Handgreiflichkeiten. Da fragt der Ermittler „Wowarensiegesternnacht?“, und der Gefragte antwortet nicht sofort – prompt fängt der Bulle eine wüste Schlägerei an. Oder die Villa des leitenden Kriminalbeamten (welche SEK-Einheit eigentlich?)! Vollgestopft mit bunten Multimedia-Animationen und Hightech-Trallala. Es gab Zeiten, da hatte die Fernsehpolizei einen großen Stadtplan mit roten Fähnchen an der Wand hängen. Ging doch auch.

Aber so was mögen junge Männer eben heutzutage nicht mehr. Junge Männer mögen Action, Grusel und Sex. Und junge Männer sind eine wichtige Zielgruppe, Sat.1 soll ja jünger werden. Also werden in „Der Kopp“ drei halbseidene Männer „aus dem Milieu“ auf gruseligste Weise umgebracht, und der Sex (Lesben und Vergewaltigung!) spielt auch eine Nebenrolle. Die Hauptrolle ist allerdings an den Wahnsinn höchstselbst vergeben. Aber bis das alles ermittelt ist, müssen die jungen Eleven (junge Männer wollen junge Ermittler sehen) des genialen Polizeihochschullehrers Jürgen Kopp Mauern erklimmen und dabei Bierkistenstapel einstürzen lassen, schwere Motorräder zu Schrott gefahren, einen Unschuldigen ins Krankhaus jagen (kommt aber durch) und den von der Zielgruppe so geliebten Heli in die Luft schicken. Der „Kopp“ (Dietmar Schönherr, 72) rennt nie. Denn er kann a.) logisch denken und sitzt b.) im Rollstuhl.

Nachweislich wird ab 1.400 Schnitten pro Fernsehfilm das Publikum jünger, meist bleibt bei so viel Dynamik dann die Story auf der Strecke. Auch in „Der Kopp“ ist es geradezu aberwitzig, wie oft der Chef mit den Mitteln der Logik operiert, während die Handlung auf das unlogischste voranhastet. Höchstwahrscheinlich sind die Anschlüsse im Schnittraum verlorengegangen. „Mit dem Kopp durch die Wand“, spricht der Volksmund. Und die Sache geht dann selten gut aus. Klaudia Brunst

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen