■ Vor einem Deal mit dem Iran in Sachen Terrorismus?: Ein Todesurteil als Angebot
Vor zwei Tagen schlug in Bonn eine Meldung aus Teheran wie eine Bombe ein: Der oberste Justizrat, das höchste Organ der iranischen Rechtsprechung, bestätigte das Todesurteil gegen den deutschen Ingenieur Helmut Szimkus, der im Januar 1992 wegen Spionage für Saddam Hussein verurteilt worden war.
Die iranischen Ayatollahs haben in den vergangenen Jahren des öfteren „Spione“, vornehmlich aus westlichen Ländern, in den Kerker gesteckt. Doch hingerichtet wurde bisher keiner. Um so befremdlicher ist die Meldung, daß ausgerechnet ein Deutscher als erster westlicher Ausländer am Galgen enden soll. Die Teheraner Machthaber müssen von allen guten Geistern verlassen sein, um das geeinte Deutschland dermaßen vor den Kopf zu stoßen.
Das Auswärtige Amt beeilte sich denn auch zu erklären, es stehe in dieser Angelegenheit mit der Teheraner Regierung „weiterhin in engem Kontakt“. Das verwundert nicht angesichts der Tatsache, daß es sich bei der BRD um das einzige westliche Land handelt, das den schiitischen Mullahs wohlgesonnen ist. Vor dem deutsch-iranische Schulterschluß werden juristische Rücksichtnahmen zur lästigen Bagatelle: Selbst der Teheraner Terroristenchef Ali Fallaghian wurde vor wenigen Monaten in Bonn mit offenen Armen empfangen, obwohl die Bundesanwaltschaft ihn für die Morde an vier Kurden in Berlin verantwortlich macht. Und noch vor zwei Wochen bedachte der iranische Staatspräsident Rafsandschani Bundeskanzler Helmut Kohl als ersten der westlichen Staatschefs mit Grüßen zum christlichen Weihnachtsfest.
Ob Helmut Szimkus schuldig oder unschuldig ist, weiß keiner. Doch solche Kleinigkeiten waren für die iranische Rechtsprechung noch nie von Bedeutung. Politische Opportunität weist in Teheran dem Recht die Richtung. So kommt man nicht umhin anzunehmen, daß die Todesdrohung gegen den Deutschen in engem Zusammenhang mit dem sogenannten Mykonos-Prozeß steht, der zur Zeit in Berlin stattfindet.
Der Staatsanwalt beschuldigt den Iraner Darabi, der den iranischen „Revolutionswächtern“ angehört, der Kopf jenes Mordkommandos zu sein, das vor zwei Jahren die vier kurdischen Oppositionellen im Restaurant „Mykonos“ zu Berlin ermordete. Das Urteil soll im Februar verkündet werden. Eine Hintertür haben die Iraner für deutsches Einlenken im Mykonos- Prozeß offengelassen. Der iranische Revolutionsführer Chamenei ist von Amts wegen befugt, jegliches Todesurteil aufzuheben. Ahmad Taheri
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