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Vor der Präsidentschaftswahl im IranDie Not der Armen

Amtsinhaber Rohani muss sich seinen Konkurrenten stellen. Sie kritisieren die Zustände in den Slums, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit.

Eine Unterstützerin des Kandidaten Ebrahim Raisi Foto: ap

Berlin taz | Bei der ersten Fernsehdebatte der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Iran am 19. Mai traten am Freitag sechs Kandidaten an. Der Wächterrat, der über die Eignung der Bewerber befindet, hatte die übrigen 1.636 Bewerber, darunter 137 Frauen, als ungeeignet abgelehnt.

Bei den sechs Männern handelt es sich um Präsident Hassan Rohani, seinen Stellvertreter Eshagh Dschahangiri, den Geistlichen Ebrahim Raisi, Teherans konservativen Bürgermeister Mohammed Ba­gher Ghalibaf, den Konservativen Mostafa Mirsalim und den kaum bekannten Mostafa Haschemitaba. Rohani, Dschahangiri und Ghalibaf stritten vor allem über soziale Probleme, konkret die Lage der Slumbewohner am Rande der Großstädte, über soziale Gerechtigkeit, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit.

Mirsalim warf der Regierung vor, die Probleme auf dem Land ignoriert zu haben. Die medizinische Versorgung der Landbevölkerung sei mangelhaft. Die Landbewohner verließen ihre Dörfer, fänden aber in den Städten keine Arbeit. Es gebe sechzehn Millionen Slumbewohner, fügte Raisi hinzu. Sie bräuchten zunächst Obdach, dann müssten der Staat und die Privatwirtschaft in den unterentwickelten Provinzen investieren, Arbeitsplätze schaffen und sich um medizinische Versorgung und Schulausbildung kümmern.

Raisi zeigte sich auch besorgt angesichts der immer größeren Kluft zwischen Arm und Reich und warnte vor sozialen Unruhen. Die unteren Schichten müssten finanziell unterstützt werden, auch der Mittelstand müsse durch eine Steuerreform entlastet werden.

Wohnungsnot und Vetternwirtschaft

Hier brachte Dschahangiri ein wenig Schärfe in die Debatte. Soziale Gerechtigkeit setze politische Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz voraus, sagte er. Es gebe Leute, die durch Vetternwirtschaft zu enormem Reichtum gelangt seien. Er griff die Justiz an, die sich in der Hand der Konservativen befindet. Vor allem Jugendliche fühlten sich durch Einschränkungen, stark benachteiligt.

Ghalibaf sprach von der großen Wohnungsnot, obwohl es mehr als drei Millionen leer stehende Wohnungen gebe. Er forderte, deren meist reiche Besitzer zur Rechenschaft zu ziehen.

Rohani erläuterte, was seine Regierung gegen Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und für Bildung und Ausbildung getan habe. Ihr sei es gelungen, vor allem den Jugendlichen eine Perspektive für die Zukunft zu bieten. Die Atmosphäre im Land habe sich positiv verändert, die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, auch die für den Handel hätten sich gebessert. Das Problem sei es, dass die Gegenseite (die Konservativen und Ultras) der Regierung jeden Tag neue Steine in den Weg lege.

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1 Kommentar

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  • Es ist übrigens eine ulkige Idee, die "Gegenseite" Rohanis als Konservative und Ultras zu bezeichnen. Rohani selbst ist ultrakonservativ. Und eine echte Gegenseite existiert in einem totalitärem Regime nicht.