Vor Papstbesuch im Libanon: Papamanie in Beirut
In der Vorfreude auf den Besuch von Benedikt XVI. ist die Bevölkerung des multikulturellen Libanons weitgehend einig. Aber es gibt auch andere Stimmen.
BEIRUT taz | Die libanesische Hauptstadt wirkt dieser Tage vielerorts wie eine Partnerstadt des Vatikans. In christlichen, aber auch in muslimischen Vierteln wehen die rot-weiß-grünen Flaggen des Libanon neben den gelb-weißen des katholischen Staates.
Papst Benedikts Konterfei grüßt von unzähligen Riesenplakaten, auch auf den digitalen Werbetafeln, auf denen für Nachtclubs, Bikinis und Luxusgüter geworben wird, hat die reiche maronitische (katholische) Gemeinde Werbezeiten gebucht.
Der Papst, der am Freitag ankommt, ist auf einer wichtigen Mission. 2010 hatte er 150 Patriarchen und Bischöfe des Nahen Ostens zu einer Sondersynode für die Ostkirchen in Rom zusammengerufen. Das Treffen sollte Christen in ihrer „dramatischen Lage“ in der Region „neue Wege“ aufzeigen.
Das Schlussdokument soll am Sonntag in Beirut übergeben werden. 300.000 Gläubige werden erwartet, rund 10.000 Sicherheitskräfte hat die Regierung für die Veranstaltung auf das Messegelände beordert.
Wünsche für einen strengeren Papst
Viele Christen aus Syrien und dem Irak seien bereits angereist, erklärt die Inhaberin der „Saint Paul“-Buch- und Devotionalienhandlung im christlichen Viertel Aschrafiye. „Wir verkaufen die arabische Übersetzung von Benedikts Buch derzeit sehr gut“, sagte sie. Natürlich freue sie sich auf den Papst und werde mit ihrer Familie zu der Massenpredigt fahren.
„Allerdings sollte er wieder strenger werden“, meint die Geschäftsfrau, die anonym bleiben möchte. „Anfangs hat er die Wahrheit gesprochen, als er sagte, dass Mohammed nichts Gutes in die Welt gebracht hat“, dann sei Benedikt „zu gemäßigt“ geworden.
Sie würde sich wünschen, dass er sich klar gegen Homosexualität äußere, denn mittlerweile verbreite sich diese „schreckliche Unsitte, diese Sünde“ auch in der christlichen libanesischen Schicht, die sich elitär und den Muslimen überlegen gibt.
Gegen das freie Individuum
Mireille ist eine junge Beiruter Rebellin, deren Hass auf alle Religionen sich in solchen Äußerungen begründet. „Die Religionen, egal welche, haben unserer Region nichts Gutes gebracht.“ Dass sie christlich getauft und von ihren Eltern durch „die ganze christliche Erziehung geprügelt“ wurde, will sie vergessen.
Dem für Freitag über eine Facebook-Seite ausgerufenen Protest gegen den Papstbesuch wird sie auf jeden Fall beiwohnen, da Katholizismus für sie „eindeutig gegen die freie Entfaltung des Individuums“ steht. „Früher wäre ich als Lesbe verbrannt worden, heute kann ich dagegen protestieren, und das werde ich mit aller Kraft tun – auch wenn es natürlich nichts bringt.“
Für Mireille ist es zudem eine „Schande“, wenn nicht sogar eine „dreiste Provokation“, dass der Papstbesuch genau mit dem dreißigsten Jahrestag des christlich-falangistischen Massakers an Palästinensern in den Flüchtlingslager Sabra und Schatila zusammenfällt.
Parallelen und Übereinstimmungen
Der sunnitische Großmufti, Scheich Rashid Qabbani gab hingegen zu Protokoll, dass er sich sehr über den Besuch des Papstes freue. Mit den für Samstagmorgen angesetzten Gespräche im Regierungspalast in Baabda könnten die muslimischen Fraktionen die Bedenken ausräumen, die durch den Arabischen Frühling entstanden seien.
„Nicht nur die Christen haben Sorgen in dieser instabilen Zeit,“ betont Qabbani, denn „alle sitzen im gleichen Boot“. Er hoffe, der Papstbesuch werde reflektieren, dass „Christen und Muslime alle nur an Sicherheit, Gleichheit und Gerechtigkeit“ interessiert seien. Auch einige schiitische Geistliche erklärten, der Besuch werde die „Parallelen und Übereinstimmungen“ zwischen Christen und Muslimen positiv betonen.
Scheich Omar Bakri, ein sunnitischer Geistlicher aus dem nordlibanesischen Tripoli, ist einer der wenigen, die sich dieser Tage öffentlich gegen den Papst stellen. „2006 hat Benedikt den Propheten Mohammed beleidigt und sich bislang nicht dafür entschuldigt.“ Er bezog sich dabei auf eine Rede in Regensburg, bei der Benedikt sagte, dass Mohammed „nichts Neues“ gebracht habe und man in seinem Werk nur „Böses und Unmenschliches“, wie die „Verbreitung des Glaubens durch das Schwert“, gefunden habe.
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