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Von der Leyen kämpft für ZuschussrenteDer Finger auf der Wunde

Ursula von der Leyen verteidigt die Zuschussrente. Die Union lässt ihre Ministerin auflaufen und will den Streit aus dem Wahlkampf heraushalten.

Zu wenig zum Leben? Bild: dpa

BERLIN dpa | Trotz massiver Angriffe auch aus den eigenen Reihen kämpft Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen weiterhin für ihr Modell einer Zuschussrente gegen Altersarmut. Ich gehe fest davon aus, dass die Zuschussrente kommt“, sagte die CDU-Politikerin der Bild-Zeitung. Sie habe „einen guten Kompromiss vorgelegt“. Fast alle hoch industrialisierten Länder hätten einen Rentenausgleich für Geringverdiener.

Mit ihrem Modell soll Altersarmut vorgebeugt werden. Vorgesehen ist, die Minirente langjähriger Beitragszahler, die auch privat vorgesorgt haben, auf bis zu 850 Euro aufzustocken – und zwar teilweise aus der Rentenkasse. Verhindern müsse man, dass die Bezieher geringerer Einkommen das Gefühl hätten, es lohne sich nicht mehr zu arbeiten und fürs Alter vorzusorgen, erklärte von der Leyen.

Im ZDF-Morgenmagazin sagte die Ministerin am Mittwoch, die Zuschussrente lege „den Finger auf die Wunde. Den Geringverdienern müssen wir heute eine Chance geben (...), damit sie später nicht zum Sozialamt müssen. Wenn wir heute nichts tun, landen sie (die Geringverdiener) später in der Grundsicherung.“

Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer warb angesichts der Kontroverse für einen großen gesellschaftlichen Schulterschluss. „Wir täten gut daran, die Diskussion um die Rentenproblematik nicht streitig zu beginnen“, sagte der CDU-Politiker.

Das Thema sei so wichtig, dass nicht nur die Parteien, sondern auch Gewerkschaften, Verbände, Vereine und die Kirchen darüber nachdenken müssten. „Wie schaffen wir es, dass Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, im Alter auch ein auskömmliches Einkommen haben?“, fragte Grosse-Brömer. Dies sei kein Thema für den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013.

Positive Entscheidungen erwartet

Von der Leyen sagte, von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fühle sie sich nicht alleingelassen. „Im Gegenteil.“ In der „Münchner Runde“ des Bayerischen Fernsehens erklärte sie: „Sie muss das gesamte Bild im Auge behalten; meine Aufgabe als Ministerin ist es, auf Punkte, die wir anpacken müssen, hinzuweisen. Ich erwarte schon, dass wir ungefähr bis Oktober dann auch positive Entscheidungen fällen.“ Merkel hatte zunächst den Eindruck erweckt, von der Leyen zu unterstützen, dann aber deutlich gemacht, dass sie wenig Chancen für eine schnelle Verwirklichung sieht.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Zeitung Die Welt, man müsse das Problem der Altersarmut zwar langfristig im Auge behalten. Eine Lösung „zulasten der bestehenden Rentensysteme“ halte er aber nicht für zielführend. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) lehnt die Pläne zur Einführung einer Zuschussrente gegen Altersarmut ab. „Ich warne davor, jetzt neue Sozialleistungen zu beschließen, die in den kommenden Jahren zu einem immer größer werdenden finanziellen Kraftakt für den Staat aufwachsen und die künftigen Generationen belasten“, sagte Bouffier der Rheinischen Post. Das vorgelegte Modell wirft nach Ansicht des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden „viele Fragen auf und benachteiligt die unterschiedlichsten Gruppen“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) appellierte an die Unionsfraktion im Bundestag, die Zuschussrente fallen zu lassen. Stattdessen soll im Kampf gegen die Altersarmut das Rentenniveau durch Verzicht auf die bevorstehende Beitragssenkung auf dem heutigen Stand stabilisiert werden. Dies geht aus einem Schreiben von DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach an die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hervor, das der dpa vorliegt. Der Fraktionsvorstand kommt Mittwoch zu einer Klausurtagung zusammen.

Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sollte, wer mindestens 33 Jahre dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden hat, eine Garantierente erhalten. Er sagte dem Hamburger Abendblatt sagte Trittin, diese in Teilen über Steuern finanzierte Rente solle über der bisherigen Grundsicherung liegen, „wenn auch nicht erheblich“. Auch Trittin kritisierte die Pläne von der Leyens, eine Zuschussrente für Geringverdiener einzuführen. Dieses Modell funktioniere nicht, weil es zu wenige Rentner erreiche.

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9 Kommentare

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  • M
    magy

    Dann schaut euch doch mal an was Beamte an Rente bekommen, die nie in die Rentenkasse eingezahlt haben und früher in Rente gehen können, ohne Abzüge weit mehr Rente bekommen, weil der dumme Steuerzahler alles hinnimmt.

    Über 100 Milliarden soll dieser Posten kosten, die einfachen Rentnerleins dagegen nur etwas über 100 Millionen. Das ist doch mal die wahre Deutung von Gerechtigkeit. Bestes Beispiel was uns Steuerzahler unsere Minister wert, ob wir sie wollen oder nicht war doch Hr. Wulff nebst Gattin und dann bekam er ein paar Monate danach noch was drauf, weil es ihm zu wenig war.

     

    Natürlich wollen die Regierenden, das die, die noch in Arbeit sind selbst vorsorgen. Wen interessiert schon der alte Mensch, der doch zu nichts mehr zu gebrauchen ist, nur noch ein Kostenfaktor ist. Ein Minister meinte gar, die alten Leute brauchten keine neue Hüfte mehr, was er damit wohl sagen wollte ?

     

    Natürlich sollen wir selbst vorsorgen, die Regierung bekommt es ja nicht mehr finanziert, wir müssen die Welt retten, das hat Vorrang, auch wenn wir das Geld nie wieder sehen.

    .

    Die van der Leyen ist doch nur websig geworden, weil so viele das Thema Altersarmut ins Gespräch gebracht haben, weil dieses Elend Realität in Deutschland ist. Wir haben kein Geld für Rentner, nur alle paar Jahre die soziale Spende von 21 € im Westen (wenn überhaupt eine Erhöhung) und etwas mehr im Osten natürlich. Madame van der Leyen erdreistet sich dann zu sagen, den Zuschlag bekommen nur die mit 850 € Rente, das sind die Armen, darüber die sind reich, geht den Staat nichts an. Diese Frau ist einfach nur Realitätsfern gesteuert, sie buhlt so für sich um Anerkennung und für ihre Partei um Wählerstimmen ohne Rücksicht auf Verluste sie merkt nicht wie menschenverachtend man mit den Alten umgeht. Sie kennt keine Armut, wie soll sie wissen was Armut ist, sie wuchs in Reichtum auf, hat einen Professor als Mann, sie bezahlt doch das Kindermädchen, die Köchin, die Reinigungskraft aus der Portokasse. Soll sie und die Politiker an sich, die ja all dem Unsinn zustimmen von 1.000 € leben und alles davon bezahlen. Mieten in Bayern die teuerste Ecke Deutschlands, Nebenkosten, Strom, Medikamentenzuzahlung, Praxisgebühr, Pflegedienste. Die „Alten“ können sich nicht mal mehr ein Pflegeheim leisten, wie auch bei den Renten die an unterster Grenze angesetzt wurden.

     

    Wir haben hunderte Milliarden um andere Länder zu retten, weil wir ja um die Bohne den € haben mussten. Das dabei alles doppelt so teuer wurde, wen interessiert das, Politik wird in anderen Dimensionen gemacht, die wissen nicht, oder wollen es nicht wissen (?) das es heute selbst mit 1.100 € schier unmöglich ist damit ein Rentnerleben zu gestalten, schon gar nicht noch mit einem Ehepartner. Die Mieten haben sich fast verdreifacht, Benzinpreise, Heizöl, Gas und Strom ins Unerträgliche gestiegen. Wenn normale Rentner so zu überleben haben, wie es ihnen vom Staat noch zugestanden wird, wird es so sein, das jeder zweite Rentner von sozialer Hilfe abhängig gemacht wurde und weiter wird. Vor allem können die älteren Menschen sich kein Auto mehr halten, für viele die einzige Möglichkeit beweglich zu bleiben für kleine Reisen mal, oder Fahrten zur Apotheke oder Arzt, einfach am Leben da draußen noch Teil haben können, wird ihnen alles verwehrt, auch die Teilhabe am Wirtschaftswachstum, wovon auch .. Sie sind verdammt in ihren Wohnungen zu bleiben, den ganzen Tag in die Glotze zu schauen und warten, wann der Tod endlich kommt.

    Eine schöne Zukunft, eine tolle Belohnung dafür, das die heutigen Rentner ihr Leben lang dazu beigetragen haben, Deutschland zu dem zu machen, was es heute ist, ein starkes erfolgreiches Land. Dafür werden sie, die unermüdlich beigetragen haben, es es uns allen gut geht wie Dreck behandelt.

     

    Wer hat denn all die Billiarden seit dem Krieg in Deutschland verwaltet, die Bürger ? Wer hat all die Schulden gemacht, weil man immer gieriger wurde, die Bürger ?

  • K
    kroete

    Frau von der Leyen hat sich gefälligst um die Aufwertung des Faktors Arbeit zu kümmern, der bei uns besonders sexistisch gering ausfällt.

    Dass im einem der reichsten Länder der Welt, die Bevölkerung, die von Lohnarbeit abhängig ist, von ihrer Lebensleistung im Alter nicht existieren kann, ist politisch in Kauf genommen worden.

    Die Zahl derer, die ohnenhin von Dumpinglöhnen leben müssen, steigt stetig, die Rente folgerichtig nicht nennenswert sein wird.

    Der demographische Wandel und das ungerechte Rentensystem verschärfen diese bekannte Problematik.

    Die Zukunft wird uns bestimmt eine Grundsicherung ohne Bedingungen bescheren, eine flächendeckende Sozialhilfe, die man bei der CDU nicht so bezeichnen möchte, da sie diese Partei nebst FDP und großen Teilen der SPD als hilflose Lobbyisten des Kapitals entlarven würde, die ihnen die Arbeitsbedingungen diktieren.

    Vollbeschäftigung heißt dann lebenslängliches Arbeiten für die Massen zur Sicherung eines Mindestlebenstandarts, während sich die Allmächtigen die Taschen füllen.

  • C
    Celsus

    Eine richtige und professionelle Rentenpolitik ist im Interesse der Allgemeinheit. Ich finde es völlig deplaziert, ein derart wichtiges Thema aus dem Wahlkampf herauszunehmen. Oder wird die Verunsicherung der Rentner lieber in Wahlkampfferne betrieben, um sie in Scharen in die privaten Versicherungen zu treiben?

     

    Es gibt Möglichkeiten, den gesetzlcih Versicherten einen existenzsichernden Grundsockel zu verschaffen, auf den dann je nach Lebensleistung weitere Zahlungen draufkommen. Das ist wesentlich gerechter udn fairer als Millionen Menschen, deren Leistungen im Berufsleben zu gering entlohnt werden und im Alter zu maximaler Armut führen.

     

    Udn warum soll den Menschen zugemutet werden, sich dafür privat zu versichern, wenn die Auszahlungsquote privater verischerungen wesentlich geringer ist und zudem den Risko von Finanzkrisen utnerworfen ist?

     

    Da mögen sich einige Politiker_innen mal ins Stammbuch schreiben lassen, dass die Sozialversicherung nicht dazu gedacht ist, privaten Versicherungen und deren netten Lobbyisten unter die Arme zu greifen. Hier sollen die Probleme der versicherten gelöst werden!

  • H
    Hasso

    850 € Rente? Die ist nicht mehr ganz dicht im Kopf, diese "Scheinheiligkeit". Die weiß genau, was später auf die Sozialkassen zukommt-, durch die Versager-Politik aller Hampelmänner-Parteien. Dafür sollen die Menschen auch noch vorsorgen,die ohnehin wenig verdienen, damit die ihre eigene Sozialkasse sind.Man erhöht sich mal so ganz lapidar die Diäten um 584 € pro Monat und bietet den Menschen die beschämende Summe von 850 €. Für wie dämlich halten die das Volk eigentlich? Ginge niemand mehr arbeiten, könnten sie sehen, wo sie ihre Diäten her bekämen.Würde dieser Spektakel-Haufen nach Leistung bezahlt, müssten mindestens 2/3 dieser Witzfiguren Privat-Insolvenz anmelden.

  • WR
    Weiße Rose

    Wieviele Meldungen dieser Art muss es noch geben, bis auch der Letzte begreift, was im schönen Ländle läuft?

    Eine kleine gierige, völlig asoziale Clique mit Mafia-Strukturen(gemeint sind große Teile aus Wirtschaft und Politik), stopft sich die Taschen hemmungslos voll und zeigt spöttisch auf die Millionen Menschen, die - nicht nur im Alter - kaum noch wissen, wie sie überleben soll!

  • D
    dudi

    Ja,ja wir kämpfen und kämpfen

    ich battle du battle.....

    Die Selben, die die letzten 10,15 Jahre die -erst- jetzt medienöffentlich angesprochenen völlig erwartbaren Probleme politisch eingeführt,begleitet bejubelt, ignoriert und verklärt haben, wollen jetzt natürlich alles anders besser

    oder wie bisher behandeln.

    Selbst wenn man die Inflation der nächsten 20, 30 Jahre unberücksichtigt lässt, müsste es doch mehr Menschen ziemlich seltsam vorkommen, dass 2500Euro Brutto -die für immer mehr

    unerreichbar sind- zu einer bitteren Armutsrente führen werden.

     

    Dazu ein Gedankenexperiment(-:

    wie würde der Alltag aussehen, wüsste Jeder, was der Andere

    denkt und

    würden wir auf der Basis aller bekannten Zahlen,Daten,Fakten soziökonomische Probleme so lösen,

    das möglichst allen stressarm geholfen werden kann.

  • EW
    Eva Willig

    von wegen Finger in die Wunde legen. Das "in die Grundsicherung fallen" ist doch das perfide Prinzip der ganzen Rentendeformen. Wenn die leydende Ursula Ältere schützen wollen würde, hätte sie die Schonvermögensgrenze des SGB XII an die des SGB II angepasst. Solange aber noch was bei mehr oder weniger armen Alten zu holen ist, wird noch nicht einmal der Beitrag für die Riesterrente in den Regelsatz eingepreist. Typisch CDU - scheinheilig!

  • KN
    Karl Napp

    Ein Herr Biedenkopf hat vor Jahren eine Rechnung für Volksrente vorgelegt. Dieser Plan wurde vom "Vater der blühenden Landschaften im Osten" abgelehnt. Mit der Frühverrentung bedienten sich die Konzerne aus der Rentenkasse. Die hatten / haben Volkswirte, die sehr wohl wissen, dass das Rentensystem auf diesem Wege kollabieren muss. Dazu kommen noch die Himmelskomiker, die Scheidungsopfer durch den Zugewinnausgleich bei Ehescheidungen geschaffen haben.

    Die soziale Bombe tickt... Einige Volksvertreter werden sich warm anziehen müssen: Die Generation der Duckmäuser stirbt aus!

  • D
    Detlev

    Diese Zuschussrente sollte mit Macht bekämpft werden, weil sie den Leydensdruck nicht erhöht, sondern abbaut, aber die Probleme weiterhin bestehen bleiben.

     

    Nochmals: Wenn Menschen arm, alt und krank sind, können sie gar nicht arbeiten. Diese Form von Armut ist abscheulich und schwer auszuhalten. Außerdem sind alte Menschen viel stolzer und weitaus weniger bereit, sich einer Harz-Teutur zu unterwerfen und Anträge zuschreiben. Viele würden wohl freiwillig verarmen und solche Phänomene gab es schon Ende der 1960/70er im Westen. Damals nahmen Rentner Hilfen auch nicht in Anspruch und lebten teilweise in bizarrer Armut.

     

    Ein echter Ansatz kann nur eine massive Umlage und Ergänzungen unter Kontrolle sein. Dass die Rente zu einem Goldesel für Banken und Versicherungen wird, ist schädlich und mist. Das sollte jetzt wirklich jeder verstanden haben.