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Von der CDU lernen heißt schnell lernen

■ Verkürzen heißt das Credo im Bildungsprogramm der CDU

Berlin (taz) – Die Christdemokraten wollen dem beamteten Professor an den Kragen. „Eine Verbeamtung der Hochschullehrer auf Lebenszeit“ solle künftig die Ausnahme sein. Die CDU will dazu die Emeritierung von über der Hälfte der deutschen Professorenschaft über die Jahrtausendwende zum Anlaß nehmen. Diese Kampfansage an das althergebrachte Dienstrecht ist das einzig Umstürzlerische im krisengeschüttelten Bildungswesen, das vom Bundesparteitag der unionierten Politchristen zu berichten ist.

Im übrigen ist die CDU auf dem Marsch zurück. Unter der Chiffre „Gleichgewichtsstörungen“ stößt sich die Union am „Mißverhältnis“ zwischen Eignung und Neigung bei der Wahl des Bildungsweges. Bei 30 Prozent eines Jahrganges liege der Anteil der Studenten mittlerweile, lamentierte Karl Lamers über eine Binsenweisheit moderner Industriegesellschaften. Diese unheimliche Vermehrung der Zertifikate, fragte der Staatssekretär im Bildungsministerium rhetorisch die fassungslosen Delegierten, könne doch nicht mit der selbigen Vermehrung der Begabungen verbunden sein. Der Beifall für Lamers lahmte nur deswegen, weil sich zur Generalaussprache über die Bildungspolitik – immerhin einer der beiden Schwerpunkte des Parteitages – der Sitzungssaal in Windeseile leerte.

Der Tenor des neuen bildungspolitischen Grundsatzprogrammes der Union lautet: Verschärfung, Beschleunigung, Bestrafung. Das Abitur soll künftig nach acht Jahren erreicht werden und dafür „wieder eine verläßliche Aussage über die Studierfähigkeit machen“. Der Zugang zu den Unis wird beengt und der Austritt aus ihnen beschleunigt, weil sie „durch massive Überfüllung“ gekennzeichnet seien. Notfalls wird dabei mit Studiengebühren nachgeholfen.

Sogar Arbeitsminister Norbert Blüm stieg in den Ring, um für die Gleichwertigkeit von Arbeitern und Akademikern zu streiten: „Wer Schwielen an den Händen hat, ist soviel wert wie der mit dem Doktortitel am Türschild.“ Die CDU propagiert dafür aber bloß eine „große gemeinsame Offensive“, die „eine verstärkte öffentliche Anerkennung“ der Berufsbildung bringen soll. Auch begriffsstutzigen StudentInnen soll dies beigebogen werden – mittels einer „intensiven Beratung über Alternativen zum Studium“. Christian Füller

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