: Von der Basis abschneiden
■ betr.: Angst vor der außerparlamentarische Opposition oder auch - wie sägt mensch den Kapitalismus an seiner wurzel an und ab?
Angst vor der außerparlamentarischen Opposition oder auch
-wie sägt mensch den Kapitalismus an seiner Wurzel an und ab?
Leider weiß ich nicht, welchem aufgeweckten Redakteur von „RTL“ dieser doch so offenherzige Bericht über das Ansinnen unseres Herrn Staatssekretärs Krause zu verdanken ist. Alle anderen Sender hatten sich den so erfreulichen Satz aus der Presseerklärung vom 30.7.90 zur Sperrklausel für die gemeinsame Parlamentswahl auf jeden Fall verkniffen. Grund meiner Euphorie ist die Äußerung: “...es ist wichtig, daß sich keine außerparlamentarische Opposition formiert...“
Dafür würde man sogar Zugeständnisse an die PDS machen, wenn es nur endlich sicher wäre, daß sich nichts mehr in Richtung Bürgerbewegung tut. Die Strategie der Bonner Volksverräter... äh... Volksvertreter meinte ich natürlich, ist, die kleinen Parteien halt in die großen zu integrieren und sie mit endlosen Parlamentsdebatten von ihrer eigentlichen Existenzgrundlage, nämlich der Nähe zum Volk oder wie man auch so schön sagt „zur Basis“ abzuschneiden.
Das beste Beispiel für den Erfolg dieser Methode liefert doch die Entwicklung der westdeutschen Grünen mit ihrem derzeit tonangebenden Realo-Flügel, der schon gut und gerne das Adjektiv „rechts“ verdient.
Damit will ich sagen, daß wenn sich die führenden Gruppen der Bürgerbewegung, also der außerparlamentarischen Opposition wie Bündnis 90 oder Vereinigte Linke nochmal dazu hinreißen lassen, an einer Wahl teilzunehmen, das ihren sicheren Tod bedeuten würde. Denn genau diese Gruppen sind ja aus dem Bedürfnis vieler Bürger entstanden, endlich selbst über ihre Zukunft entscheiden zu wollen. Somit brauchen diese Gruppen keine Parlamentssitze, sondern nur die Mitarbeit der Bürger. Falls sie nun doch in die Regierung gehen, egal ob über „Huckepackverfahren“ oder über länderspezifische Fünfprozenthürde, das Ergebnis ist allemal klar - die Chance, endlich direkte Demokratie zu organisieren wäre über Jahre verbaut.
Hätten Wahlen je etwas Grundlegendes an den bestehenden Verhältnissen geändert, so wären sie schon lange verboten worden. Unser eigentlicher Stimmzettel ist unser Kopf und der Asphalt vor den Bürofestungen der neuen Herren. (...)
Falk Rohner, Auerswalde (DDR
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen