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Von Leserin zu Leser

■ Betr.: "Die andere Seite der Arbeitslosigkeit", tazvom 14.6.91

betr.: „Die andere Seite der Arbeitslosigkeit“, Leserbrief von Jens-Uwe Hensel, taz vom 14.6.91

Diesem Beitrag kann ich nur bedingt zustimmen. Es klingst fast wie ein Klischee des Sozialismus, daß die berufliche Arbeit allein den Menschen ausfüllen sollte. Die Würde des Menschen wurde aber schon lange zu Zeiten des Realsozialismus aufs gröbste verletzt, so daß nicht wenige von uns zu Preis- und Planmanipulationen erpreßt wurden und jegliche Form zur Mitsprache, zum Mitdenken und zur Kreativität im Berufsleben genommen wurde. Somit wurde bei vielen der Beruf allein zur Quelle der materiellen Sicherstellung und die Kreativität wurde auf andere Gebiete zum Beispiel Hobbys gelenkt. [...] Auch in der heutigen Gesellschaft wird der Mensch nur als „produzierende Einheit“ gesehen. Sofern es sich nicht um ausgesprochene Geschäftstypen handelt, die in der Vermehrung des materiellen Reichtums und der Macht ihr Ideal sehen, dürfte der Mensch nicht darin die seelische Befriedigung finden. Die muß er sich schon außerhalb der Leistungsmaschine suchen. Der Verdienst, die materielle Basis spielt dabei schon eine Rolle, aber das maßgebende ist der Wille des Menschen selbst.

Arbeitslosigkeit ist somit mehr ökonomisches Problem, die Angst um die Existenz, ob zum Beispiel die Miete und die Energie noch bezahlt werden können, ob es zum Leben reicht, ob noch ein klein wenig übrig bleibt für die Hobbys, für Bücher, Reisen und so weiter oder ob man durch fehlende Existenzgrundlage sogenannte Minderwertigkeitskomplexe bekommt und die Kontakte nach außen abbricht. Der Schlüssel zur Entfaltung der Persönlichkeit liegt jedoch nicht in der Tätigkeit als Arbeitnehmer. Eben gerade dies ging im Realsozialismus schief, wurde mit Füßen getreten. Gisela Pätzold, Dresden

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