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Von Krönings Gnaden

■ Wie Ex-Justiz-Senator Kahrs Notar wurde

In Bremen-Vegesack wurde vor wenigen Wochen ein Rechtsanwalt zum Notar bestellt, der diesen Karrieresprung eigentlich nicht hätte machen dürfen. Die Rede ist von dem früheren Senator für Rechtspflege und Strafvollzug, Wolfgang Kahrs.

Seit der Bürgerschaftswahl 87 ist Kahrs „nur“ noch Abgeordneter und hat folglich Zeit für richtige Arbeit. Er trat deshalb in die Kanzlei Voigt, Lohsin und Partner am Sedansplatz ein, eine Adresse, die durch den Zugewinn des gewesenen Senators noch vornehmer wurde. Bei seinem Amtsnachfolger Kröning beantragte Kahrs die Bestellung zum Notar. Notar kann nämlich nicht jeder Anwalt werden, sie müssen amtlich ernannt werden. Hinzu kommt: Im Laufe der 80er Jahre ist die Nachfrage nach notariell beglaubigten Urkunden und Immobilien-Verträgen rapide abgesackt. Der Zusammenbruch des Häusle-Bau-Booms ging auch an den würdigen Bremer Notaren nicht spurlos vorüber. Deshalb erließ deren Aufsichtsbehörde, der Senator für Justiz, mehrere Verfügungen, die den Zugang der Anwälte zum Notarsamte und dessen erklecklichen Nebeneinkünften erschwerte. Die letzte stammt vom Januar 1987 und damit vom Senator Kahrs.

Im einzelnen schreibt die Verfügung vor: Notar darf nur ein Anwalt werden, der bereits zehn Jahre Berufserfahrung hat. Die letzten drei Jahre muß er dort gearbeitet haben, wo er sich auch als Notar niederlassen will. Außerdem muß er seine „fachliche Eignung“ nachweisen, „in der Regel durch die Teilnahme an dem vom Deutschen Anwaltsverein (...) veranstalteten Grundkurs“, so die Verfügung des Wolfgang Kahrs als Justizsenator.

Als Anwalt jedoch wurde Wolfgang Kahrs zum Notar bestellt, obwohl er nur eine der drei Bedingungen erfüllt, nämlich die erste. Das war auch der Grund für die Notarskammer, der Ernennung des prominenten Bewerbers zu widersprechen. Vergebens, denn die Notarskammer darf bei senatorischen Entscheidungen zwar mitreden, aber nicht mitentscheiden.

Rosi Roland

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