■ Von Bären, Handgriffen und Tierärztinnen: Mein wunderbarer Medizinsalon
Die Fürsorge der medizinischen Wissenschaft kennt keine Grenzen. Nachdem die Allgemeinheit schon ausführlich vor dem Genuß von Heidelbeeren gewarnt worden ist, weil man sich nämlich mit dem Fuchsbandwurm infizieren könnte, wenn es einem gelingt, eine Heidelbeere zu erwischen, auf die gerade vorher ein bandwurmtragender Fuchs gesch... hat, ist jetzt das Verspeisen von Wildtieren ins Fadenkreuz der ärztlichen Vorsorge geraten. Wer häufiger Bären oder Wildkatzen auf seinen Speisezettel setzt, kann sich nämlich mit Trichinen infizieren. Während die Schweine als klassisches Hauptreservoir dieses zu den Nematoden gehörenden Parasiten keine große Rolle mehr spielen, führen die Trichinen in Wildtieren weiterhin ein von der Fleischbeschau unbehelligtes Leben. Wer also beim Überlebenstraining einen Bären erlegt und ihn über dem Feuer röstet, muß damit rechnen, eine Trichinose zu bekommen. Trichinen können, eingekapselt in die Muskeln des Menschen, jahrelang überleben.
Ebenfalls mit einem seltenen, aber deswegen sicher nicht weniger bedeutenden Risiko beschäftigt sich eine Studie über die Komplikationen des nach seinem Erfinder so genannten „Heimlich-Handgriffs“. Dieser Griff ist ein Manöver zum Freimachen der oberen Luftwege, wenn jemand, der einen Gegenstand verschluckt hat, zu ersticken droht. Der Helfer umfaßt den Erstickenden von hinten und preßt die verschränkten Hände mit Druck gegen den Magen. Durch den Überdruck, der dadurch kurzfristig erzeugt wird, wird der verschluckte Fremdkörper nach außen gepreßt.
Nun weist eine Arbeit aus Wisconsin, USA, darauf hin, daß der Heimlichsche Handgriff auch zu Komplikationen führen kann. Die Autoren kennen zwei Fälle, in denen es infolge des Heimlichschen Handgriffs zu einem Riß in der Magenwand gekommen war. Einer der Betroffenen verstarb an den Folgen.
Sicherlich auch viel zuwenig bekannt ist, daß schwangere Tierärztinnen ein erhöhtes Risiko für Spontanaborte haben. Möglicherweise ist der tierärztliche Arbeitsplatz exponiert für eine Belastung mit keimschädigenden Faktoren – unter anderem ist es üblich, Kleintiere beim Röntgen festzuhalten. Aber das allein kann es nicht sein. Eine Untersuchung ergab, daß Tierärztinnen, die in reinen Pferdepraxen arbeiten, ein ungefähr doppelt so hohes Risiko für eine spontane Fehlgeburt hatten wie arbeitslose Berufskolleginnen. Irgendeinen Vorteil muß die Arbeitslosigkeit ja haben. Sonja Chevallier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen