: Von Bällen, Löchern und Mäzenen
Am 24. August 1963 fand das erste Spiel der Fußballbundesliga statt. Im 40. Jahr seines Bestehens schlittert der Kickerzirkus in die bislang schwerste wirtschaftliche Rezession. Damit liegt Deutschland voll im Trend: Europaweit sind die Ligen in der Krise
aus Hamburg HERMANNUS PFEIFFER
Prominente Aktionäre von Fußballklubs finden sich überall. Beispielsweise Al Saadi Gaddafi. Von Beruf Sohn des libyschen Herrschers, als Hobby Spieler des italienischen Erstligisten AC Perugia, gehören ihm 5 Prozent von Juventus Turin. Damit ist Gaddafi zweitgrößter Aktionär beim italienischen Seriensieger. Beispielsweise Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank. Die immer noch auf dem Aktienpaket von Borussia Dortmund sitzt, das beim Börsengang vor fast drei Jahren keinen Käufer fand. Damals lag der Preis bei 11 Euro, heute liegt der Kurs unter 4.
Der deprimierende Absturz der Borussen-Aktie ist symtomatisch. Der Goldrausch, den in den Neunzigerjahren die privaten TV-Sender ausgelöst hatten, die statt 25 bald über 350 Millionen Euro für die Übertragungsrechte zahlten, ist vorbei. Dank der Pleite des Rechtehändlers Leo Kirch werden in der laufenden Saison nicht rund 500 Millionen Euro TV-Gelder fließen, sondern kaum die Hälfte davon. Und auch das bunte Treiben in den Stadien trügt. Absolut stagnieren die Zahlen bestenfalls, und nur der Reiz des Neubaus in den Arenen von Gelsenkirchen, Hamburg oder Rostock übertüncht den Rückzug der traditionellen Fußballzuschauer – statt Fans bevölkert eine launische Laufkundschaft die Ränge. Die Zuschauerzahlen im Fernsehen sind trotz des spektakulären Wechsels zur ARD mau, der Marktanteil 30 Prozent und damit nicht nennenswert besser als der vorherige Platzinhaber „Bülowbogen“. Entsprechend fällt den Fußballfirmen der überlebenswichtigen Verkauf ihrer Werberechte. In dieser Saison fanden zunächst Bundesliga-Urgestein HSV und Aufsteiger 1. FC Köln keinen „Sponsor“ für die Trikotbrust, dem wichtigsten Werbeplatz der Branche. Fazit des Fachblatts Kicker nach 40 Jahren Bundesliga: „Trotz Explosion der Fernsehgelder in die Rezession“.
Für dieses Saison kalkulieren die 18 Erstligavereine mit einem Etat von 596 Millionen, bei einem Schuldenberg von über 450 Millionen Euro. Fast Kleingeld im Vergleich zu den sportlichen Topligen. Spaniens „Primera Division“ ächzt unter einem Schuldenberg von 1,6 Milliarden Euro, die italienische „Seria A“ unter 2,5 Milliarden. Die einzige einigermaßen gesunde Liga ist die englische. Deloitte & Touche taxiert deren europäischen Marktanteil auf 25 Prozent.
Der Erfolg auf der Insel offenbart jedoch das Dilemma. Der Fußball lebt von der Spannung, und Spannung erzeugt ein ausgeglichener Wettbewerb. Aber immer weniger (arme) Klubs können mit den zwei bis fünf (reichen) Fußballfirmen sportlich mithalten. Folglich wird das Interesse an den immer gleichen Duellen weiter sinken, und Bayern und Borussia werden bald wieder ihre alten Europaliga-Pläne hervorkramen, um sich neue Märkte zu erschließen.
In dieses Finanzloch springen aus Laune oder Kalkül, wie ehedem in der Gründerzeit der Bundesliga, merkwürdige Mäzene, wie der Gaddafi-Sohn, Italiens Ministerpräsident Berlusconi, der sich den Champions-League-Sieger AC Mailand hält, oder der russische Öltycoon Roman Abramovich, der sich mit 210 Millionen Euro bei Chelsea London einkaufte, die Schulden tilgte und noch etwa 100 Millionen auf dem ansonsten toten Transfermarkt in namhafte Spieler investiert.
Deutsche-Bank-Boss Ackermann dürfte inzwischen auch auf einen Mäzen hoffen, der ihm den Ladenhüter der Borussen-Aktien abkauft.