■ Von Arschgesichtern für Arschgesichter: Neues aus der Welt der Werbung: Rasierer für Raser
Viel Spaß kann man ja haben, wenn in der Kneipenrunde jeder sein „blödestes Erlebnis der Woche“ erzählt und dabei Äbbelwoi getrunken wird, als gebe es keine Cola mehr in Hessen. An solchen lustigen Abenden erfährt man dann, daß Iris geblitzt worden ist. Mit 70 in der Ortschaft. Da lachen dann alle und jubeln: „Uh, des wädd abbä net billisch! Uh, des gibd Punkdä in Flensbursch! Uh, da kommt bald ä Einschreibä, des wo an Iris Zöller-Kaufhold adrässierd is und mid ,Ihnen wird zur Last gelegt' anfängd, höhöhö!...“
Wenn man dann seinen Spaß gehabt hat, muß man aber wieder nett sein und „arme Iris“ sagen, auch wenn einem auf den ersten Blick wenig Positives zum Thema „Bußgeldbescheid“ einfallen will. Außer vielleicht, daß man dafür neuerdings einen Rasierer geschenkt bekommt. „Ährlisch!“ lallt Jochen, „En nischel-naschel neuä Naß-Rasierer mit Drei-Klinge-Sysdem!“ Jetzt glaubt Iris dem besoffenen Jochen natürlich kein Wort, aber so absurd sich das Ganze anhört: Es stimmt! Wer zwischen dem 1. und dem 25. Oktober wegen zu schnellen Fahrens auf deutschen Straßen geblitzt wurde, gewinnt bei Einsendung seines Knöllchens bzw. Blitzfotos ein sogenanntes „MACH3“-Rasierset. Iris' Gatte Olli kratzt sich an den Bartstoppeln: „Ei, habbä die Bulle jetzt zuviel Geld, oddä was?“ Dies ist eine durchaus berechtigte Frage, und da ist es natürlich gut, daß Jochen letzte Woche in München war und mit dem Wagen an einer Ampel warten mußte und „dord sin plötzlisch so zwo lecker Mädschen in Hasekostüme uff die Straß gehobbst, habbä mir des Audo mid Rasierschaum vollgesprüht un anschließend die Windschutzscheib rasierd!! Ehrlisch!!“ Nun müßte man sich eigentlich fragen, ob Jochen und Äbbelwoi so eine gute Kombination ergeben und ob man sich nicht lieber Freunde suchen sollte, die ihre Halluzinationen für sich behalten. Aber auf solche Überlegungen reagieren Menschen wie Jochen ja eher beleidigt und wanken hinaus an ihr Auto und kommen mit einem Faltblatt zurück, das von der Fima „Gillette“ gefaltet wurde und auf dem draufsteht, daß Ende Oktober „die scharfen MACH3-Razor-Bunny-Teams“ quer durch alle deutschen Großstädte gerast sind, „um Autofahrern blitzschnell die Windschutzscheibe zu rasieren, damit diese mit glasklarem Durchblick besser die Geschwindigkeitsbeschränkungen erkennen können“. Und noch mehr steht auf diesem Faltblatt: Nämlich, daß „MACH“ die offizielle Maßeinheit für Schallgeschwindigkeit ist und nach dem Physiker Ernst Mach benannt wurde. Und daß die Firma Gillette deshalb die Aktion „Lieber mit MACH3 rasiert als mit Mach3 geblitzt“ startet. Weil: Ihr neuer Rasierer hat nämlich drei Klingen, und darum rasiert er, so meint Gillette, morgens viel schneller als ein doofer Rasierer mit nur zwei Klingen. Und wenn Mann morgens schneller rasiert ist, dann gewinnt er Zeit und kann langsamer Auto fahren, und wenn er langsamer Auto fährt, dann kriegt er keine Knöllchen und...
Am nächsten Nachmittag war Iris dann wieder nüchtern und hat ihr Blitzfoto an Gillette geschickt („Des war eh unscharf“). Der Rasierer kam postwendend. Und seit vorgestern parkt Jochen sein Auto übrigens immer im Parkverbot. Er hat irgendwo gelesen, daß man dafür demnächst einen Akkuschrauber geschenkt bekommt. Frank M. Ziegler
Blitzknöllchen und Blitzfotos sind bis zum 30.11. zu senden an: Gillette, Stichwort: MACH3, Postfach, 50655 Köln. Wenn sie zwischen dem 1. und 25.10. protokolliert wurden und nicht (!) zum Entzug der Fahrerlaubnis führ(t)en, gibt es den Rasierer als Belohnung per Post.
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