■ Volkspark-Kick: Was ist zu alt?
UEFA-Cup-Platz adè? Naja, wenn der HSV beim Spiel am Samstag gegen Mönchengladbach gewinnt, besteht noch ein Fitzel Hoffnung auf die Teilnahme an dem mächtig lukrativen Wettbewerb. Doch das wird schwer für die Möhlmänner: In drei Spielen müssen mindestens fünf Punkte her – also bloß keine Niederlage gegen die launische Borussia vom Bökelberg.
Chancenlos ist der HSV also nicht, zumal die Jungs vom Trainingsgelände Norderstedt zumeist im heimischen Volksparkstadion über ein glücklicheres Füßchen verfügten als ihre Kontrahenten.
Soweit zum Fußballspielen, denn beim „Fußball-machen“ des Hamburger Erstligisten sieht es in anderen Bereichen weitaus mieser aus. Die in dieser Spielzeit zeitweise glorreich anmutende blau-weiß-schwarze Squadra zerbröselt zunehmend. Thomas von Heesen, Armin Eck und Jörg Bode verlassen nun definiv den Club in Richtung Bielefeld, um der dortigen Arminia zum Aufstieg in die Zweite Bundesliga zu verhelfen. Der HSV war wieder einmal außer Stande, einem Leistungsträger ein adäquates Angebot zu machen, das auch Perspektiven für das Leben nach dem Kicken bildet. Statt dessen Sarkasmus, etwa von Manager Heribert Bruchhagen: „Ich weiß nicht einmal ob von Heesen später einmal Maurer oder Bankdirektor werden möchte.“ Versagen mit Tradition. Einmal verschlief der damalige Manager Erich Ribbeck eine Vertragsverhandlung mit Uwe Bein, der dann zu Eintracht Frankfurt wechselte. Ein anderes Mal erschien dem Hamburger Renommierverein der Spieler Manfred Kalz als zu alt für einen Zwei-Jahresvertrag. Was die Hanseaten nicht daran hinderte ihn ein Jahr später wiederzuverpflichten.
Von Heesen wird ebenfalls als zu alt befunden. Ungeklärt bleibt, ob der HSV eine Ablösesumme für ihn erhält. „Wenn nicht“, motzte Schatzmeister Gerhard Flomm, „wird von Heesen gesperrt!“ Die meisten von von Heesens Kick-Kumpanen können den Gang gen Bielefeld nur zu gut verstehen. Der von den HSV-Oberen ungeliebte Balltreter Harald Spörl meinte zu TvH: „Er wird diese Entscheidung nicht bereuen. Er muß auch an seine private Zukunft denken.“ Von Heesen wird nämlich Leiter einer Sport-Marketing-Firma und grinst für Werbefotos einer Küchenfirma. Spörlemann möchte nämlich am liebsten auch gehen, so verbreitet es zumindest die Zeitung mit den vier großen Buchstaben. Der Zoff mit Coach Benno Möhlmann mache ihm zu schaffen. Aber Eintracht Frankfurt soll ihn auf seiner Wunschliste haben und will wieder ein Schnäppchen aus dem Norden haben......
Indes: Das sind nicht die einzigen Probleme des HSV: Der Sponsor in spe, die Textilfirma Trigema, möchte nur fünf Millionen für zwei Jahre blechen – wie es die Hamburger nach eigenem Verständnis verdient hätten – wenn der HSV auf den Tabellenplätzen eins oder zwei rangiert. Bekanntlicherweise krebst der Club aber auf Platz zehn herum. Schade auch.
Niwe / kader
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen