Volksabstimmung im Niger: Präsident will einfach nicht gehen

Eine bunt gefächerte Protestbewegung will verhindern, dass Präsident Tandja am Dienstag per Volksabstimmung über eine neue Verfassung seinen Machterhalt sichert.

Mamadou Tandja - hier mit Sarkozy - genießt seine Rolle als Präsident des Nigers. Bild: reuters

Mit einem massiven Sicherheitsaufgebot will Nigers Präsident Mamadou Tandja am Dienstag den reibungslosen Ablauf einer Volksabstimmung über eine neue Verfassung zu gewährleisten, die ihm faktisch ermöglicht, auf Lebenszeit im Amt zu bleiben. Soldaten und Polizei stehen bereit, "um die Sicherheit der Zivilbevölkerung am 4. August zu garantieren", sagte Premierminister Seini Oumarou. Die Opposition ruft zum "aktiven Boykott" auf: "Wir verlangen, dass kein Nigrer am Tag der Abstimmung aus dem Haus geht", so ein Sprecher des Oppositionsbündnisses FDD (Front zur Verteidigung der Demokratie). "Wer doch hinausgeht, den werden wir überzeugen können, nicht zur Wahl zu gehen." Tuareg-Rebellenführer Rhissa Ag Boula in der wüstenhaften Nordhälfte des Landes, die unter Kriegsrecht steht, droht: "Wir werden die Wahlurnen anzünden".

Dem 71-jährigen Präsidenten des bitterarmen Sahelstaats geht es um die Macht, seinen Gegnern um die Demokratie. Nach der geltenden demokratischen Verfassung, die 1999 nach langer Militärherrschaft entstand, darf ein Präsident nur für zwei gewählte Amtszeiten von jeweils fünf Jahren regieren. Für Tandja, seit 1999 gewählter Staatschef, wäre damit im kommenden Dezember Schluss.

Im Mai kündigte Tandja ein Referendum an, um die Limitierung aufheben. Das Verfassungsgericht sagte, das sei verfassungswidrig. Tandja setzte das Referendum trotzdem an und löste das Parlament auf. Das Verfassungsgericht annullierte das Referendum. Präsident Tandja löste das Verfassungsgericht auf und regiert jetzt per Dekret.

Dies hat in Niger eine breite Protestwelle hervorgerufen, die sich durch regelmäßige Massendemonstrationen in der Sommerhitze der Hauptstadt Niamey und durch Generalstreiks zu Wort meldet. Hunderte von Organisationen und Parteien schlossen sich am 24. Mai zur FDD zusammen, die später mit anderen Bündnissen das "Kollektiv demokratischer Kräfte für die Republik" (CFDR) gründete. CFDR-Führer Mahamadou Issoufou rief am Wochenende "alle ehrlichen Demokraten und alle Patrioten" dazu auf, "massiv mobilzumachen, damit das illegale Referendum scheitert". Er verweist auf die Widerstandserlaubnis der bisherigen Verfassung, wonach niemand einen "offensichtlich illegalen Befehl" auszuführen habe.

Anwaltsverbände, Frauengruppen, Gewerkschaften - alles, was Nigers konservative muslimische Gesellschaft an sozialen Kräften zählt, hat sich den Protesten angeschlossen. Als eine Frauendemonstration mit Tränengas aufgelöst wurde, empörte sich das ganze Land. Als der einstige Präsident des Obersten Gerichts, Moumouni Djermakoye, während einer Demonstration an einem Herzschlag starb, wurde sein Trauerzug zum Massenaufmarsch.

Dass Nigers Protestbewegung so breit gefächert ist und so friedlich blieb, erinnert an die Demokratiebewegungen in Westafrika vor knapp 20 Jahren, als die damaligen Militärdiktaturen und Einparteienherrschaften reihenweise stürzten. "Die Bewegung agiert wie Ritter, die mit allen Kräften aber unter strenger Berücksichtigung aller Regeln kämpfen - das gibt ihr Würde im Kontrast zu Tandjas Manövern", lobt die Zeitung Le Pays im Nachbarland Burkina Faso. Niameys Straßen sind nun voll mit Plakaten der Regierung, auf denen steht: "Ja - für den weiteren Kampf gegen die Armut". Kritiker meinen, Tandja verwechsele Nigers Reichtum mit seinem eigenen. Seinen Wunsch zum Machtverbleib äußerte er, als im Mai der französische Areva-Konzern die neue Uranmine Imouraren mit Investitionen von einer Milliarde Euro eröffnete; weitere Bergbauverträge gibt es mit Firmen aus Kanada und China. Fette Provisionen sollen im Rahmen von Folgeverträgen mit Subunternehmen an Angehörige und Freunde des Präsidenten geflossen sein.

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