: Vier Tote in Georgien Ultimatum läuft aus
Tbilissi (afp) — In Georgien sind bei einem Angriff auf die Kaserne Schawnabada bei Tbilissi in der Nacht zum Donnerstag mindestens zwei Menschen getötet worden. Dies berichteten übereinstimmend das sowjetische Fernsehen sowie die amtliche Nachrichtenagentur 'Tass‘. Am Nachmittag herrschte angesichts des Ultimatums, das der Stadtkommandant Schemal Kutateladse am Vortag gestellt hatte, gespannte Ruhe. Kutateladse hatte in einem öffentlichen Aufruf damit gedroht, daß jeder, der nach 16 Uhr MESZ am Donnerstag ohne Genehmigung Waffen mit sich führe, strafrechtlich verfolgt werde. Diese Formulierung schließt auch die abtrünnigen Nationalgardisten ein, die Präsident Swiad Gamsachurdia die Gefolgschaft gekündigt und sich auf die Seite der Opposition gestellt hatten.
Von dem Ausnahmezustand, der am Vortag über die georgische Hauptstadt verhängt worden war, war kaum etwas zu spüren. Auch die aus Polizei und präsidententreuen Nationalgarden zusammengesetzten Patrouillen, die der Stadtkommandant Schemal Kutateladse angekündigt hatte, waren nicht zu sehen.
Das georgische Fernsehen und die sowjetische Nachrichtenagentur 'Tass‘ berichteten übereinstimmend, in der Nacht seien mindestens zwei Menschen getötet und vier weitere verletzt worden. Die Kaserne Schawnabada der aufrührerischen georgischen Nationalgarde bei Tbilissi sei gegen 23 Uhr Ortszeit von Sondereinheiten des georgischen Innenministeriums (OMON) und „Männern in Zivil“ angegriffen worden, teilte das Fernsehen auf Anfrage mit.
'Tass‘ berichtete aus Tbilissi, es habe sich bei allen etwa hundert Angreifern um OMON-Soldaten gehandelt. Vier von ihnen seien getötet und „viele weitere verletzt“ worden. Die OMON-Truppen hätten sich nach einem Schußwechsel mit Nationalgardisten zurückziehen müssen. Die Stadtkommandatur dementierte diese Berichte jedoch. Ein Sprecher sagte, es habe keinen Angriff auf die Kaserne und demzufolge auch keine Opfer gegeben.
Die georgische Opposition fordert seit Wochen auf Kundgebungen den Rücktritt von Präsident Gamsachurdia. Sie hält das Fernsehgebäude besetzt und ruft seit Mittwoch über einen eigenen Sender von dort die Bevölkerung zum Protest gegen die Regierung Gamsachurdia auf.
Das Auswärtige Amt in Bonn warnte wegen der andauernden Unruhen unterdessen vor Reisen nach Georgien. Sie seien derzeit „mit einem Risiko behaftet“. Von rein touristischen Besuchen in Tbilissi sei bis auf weiteres abzuraten. Bei Reisen aus beruflichen, wissenschaftlichen oder humanitären Gründen riet das Auswärtige Amt, vor der Abreise Kontakt mit den jeweiligen Anlaufstellen in Tbilissi aufzunehmen und sich von diesen beraten zu lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen