Vier Prozesse gegen Berlusconi: Schlacht des Cavaliere

Mit allen Tricks versucht Berlusconi, den Hals noch aus der Schlinge zu ziehen, obwohl ihm vier Prozesse drohen. Deshalb ist der Kampf noch lange nicht entschieden.

Rekordverdächtig: Vier Prozesse gegen einen amtierenden Regierungschef. Bild: dapd

ROM taz | Schlag auf Schlag gehen in Mailand die vier Prozesse gegen Silvio Berlusconi wieder los. Und Schlag auf Schlag bemüht sich seine Regierungskoalition in diesen Tagen, ihnen ein abruptes Ende zu bereiten. Nachdem am Montag das Verfahren wegen Steuerhinterziehung beim Ankauf von Filmrechten wiederaufgenommen wurde, wird am Samstag in gleicher Sache in einem zweiten Prozess verhandelt.

Kommende Woche geht es dann mit dem dritten Prozess weiter. Dort muss Berlusconi sich verantworten, weil er den Rechtsanwalt David Mills mit 600.000 Dollar geschmiert haben soll, damit der sein Wissen über Berlusconis Schwarzfirmen in Steuerparadiesen nicht gegenüber den Staatsanwälten preisgab.

Der Höhepunkt wird am 6. April mit dem "Ruby"-Prozess erwartet. Dort ist Italiens Regierungschef angeklagt, weil er bezahlten Sex mit einer Minderjährigen gehabt haben soll; zudem soll er sich der Nötigung im Amt schuldig gemacht haben, als er Karima El-Mahrougs Freilassung aus Polizeigewahrsam mit dem Argument erwirkte, sie sei "die Nichte Mubaraks".

Vier gleichzeitig laufende Prozesse gegen einen amtierenden Regierungschef, das ist rekordverdächtig. Theoretisch drohen Berlusconi Jahrzehnte Haft. Doch der Ministerpräsident gibt sich in diesen Tagen völlig unbesorgt. Am Ende seiner öffentlichen Auftritte lädt er die im Saal Anwesenden stets mit einem breiten Lächeln zum anschließenden "Bunga Bunga" ein.

Berlusconi gibt sich sicher, auch diesmal wieder seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Am Dienstag begann das Manöver, um den Ruby-Prozess zu stoppen. Die Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition forderten den Präsidenten des Abgeordnetenhauses - Berlusconis Intimfeind Gianfranco Fini - auf, die Prozedur in die Wege zu leiten, um die Nichtzuständigkeit des Mailänder Gerichts feststellen zu lassen.

Berlusconi müsse als Regierungschef vor das "Ministertribunal" gestellt werden, behaupten sie. Jenes Ministertribunal kann aber erst tätig werden, wenn die Volksvertreter dem zustimmen. Und im Abgeordnetenhaus verfügt Berlusconi - seine Gegner sprechen von Stimmenkauf - wieder über eine Mehrheit von 320 der 630 Sitze.

Fini könnte dieses Vorhaben mit Verfahrenstricks zwar stoppen: Er könnte statt des Plenums das Präsidium des Abgeordnetenhauses sich mit der Angelegenheit befassen lassen; dort ist die Opposition in der Mehrheit. Zugleich aber ist Fini, der letztes Jahr mit Berlusconi brach, daran gelegen, als Parlamentspräsident eine unparteiische Haltung zu demonstrieren. Gut möglich also, dass Berlusconi diese Runde gewinnt; das letzte Wort hätte dann das Verfassungsgericht.

Parallel dazu bereiten Berlusconis Anwälte - die zugleich als Abgeordnete im Parlament sitzen - wieder ein ganzes Bündel neuer Gesetze vor. Da soll die Verjährungsfrist für Nichtvorbestrafte um ein Viertel verkürzt werden; zwei der vier Prozesse wären sofort erledigt. Da soll die Möglichkeit, Verdächtige abzuhören, drastisch eingeschränkt werden - zahlreiche Beweismittel im Fall Ruby fielen damit weg. Und da soll als ehrgeizigstes Projekt gleich die Verfassung umgeschrieben werden: Die bisher unabhängigen Staatsanwälte sollen der Weisungsbefugnis des Justizministers unterstellt werden.

Derweil behauptet Berlusconi, er habe noch ein Ass im Ärmel: Laut Corriere della Sera hätten Emissäre in Marokko herausgefunden, dass "Ruby gar nicht minderjährig war". Angeblich sei sie erst zwei Jahre nach ihrer Geburt beim Standesamt registriert worden. Da fragt sich nur, weshalb Berlusconi solch einen Aufwand betreibt, wenn er doch - wie er vorgibt - "einen lupenreinen Freispruch" erwarten darf.

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