: Vielen Dank für die Schule
Die interaktive Ausstellung „Weil wir Mädchen sind“ im Historischen Museum in Hannover macht die schwierigen Lebensumstände von Mädchen in der Sahelzone, in Indien und in den ecuadorianischen Anden sinnlich erlebbar
Die mit dunklen Stoffen verhangene Schleuse führt in einen lichten Raum. Dort steht eine Hirsepflanze, daneben ein großer Mörser, weiter hinten ein Brunnen. Auf einem Bildschirm lächelt Djenebou, ein Mädchen, das in einem Dorf in der Sahelzone lebt. Djenebou empfängt die Besucher der Erlebnisausstellung „Weil wir Mädchen sind“, die von Plan Deutschland realisiert wurde und derzeit im Historischen Museum in Hannover Station macht.
Die 13-jährige Schülerin Jessica folgt der Einladung. Sie erfährt, dass Djenebou nicht zur Schule geht, täglich Wasser vom Brunnen nach Hause schleppt und mit ihrem zweijährigen Bruder auf dem Rücken Hirse auf dem Feld sät. Ein hartes Leben, tauschen möchte sie auf keinen Fall, sagt Jessica, während sie selbst mit dem Holzmörser Körner fein zu mahlen versucht. Aber fasziniert ist sie trotzdem: „Djenebou arbeitet viel draußen auf dem Feld, ich nie. In diesem Sinne lernt sie mehr als ich, würde ich auch gern.“
Kleine Kammern beherbergen die problematischsten Aspekte des jeweiligen Landes. Drinnen erzählt eine Stimme von der Genitalbeschneidung. In einer Vitrine liegen die Instrumente: Messer, dicke Nadeln aus Horn, der Deckel einer Konservendose. Jennifer schüttelt sich. In ihren Augen handelt es sich um eine brutale Verletzung, die verboten werden muss. Nachdenklich wird sie allerdings, als sie erfährt, dass der blutige Akt eine rituelle Bedeutung hat.
Jennifers Klassenkameradin Nora zieht es in die Andenregion. Yoselin heißt die Protagonistin dort. Morgens fährt sie zur Schule. Nora nimmt Yoselins Platz in dem nachgebauten Schulbus ein, setzt sich einen Kopfhörer auf und lauscht dem Gespräch zwischen Yoselin und ihrer Freundin. Die Freundin ist gerade 14 und schwanger. „Ein bisschen früh“, murmelt Nora und greift zum nächsten Kopfhörer. Eine Männerstimme, Anmache. Der Mann will sie anfassen. Nora verlässt empört den Bus.
Indien heißt die nächste Station. Das Mädchen Asher wohnt dort mit seiner Familie. Der elfjährige Jasper inspiziert die Kochtöpfe in dem weißgetünchten Lehmhaus ohne Dach. Getrocknete Chilischoten findet er, ein paar Gewürze, die er nicht kennt, Reis. Auch er greift zum Kopfhörer. Asher erzählt ihm, dass sie als einziges Mädchen mit ihrer Mutter zusammen den Haushalt für die vielköpfige Familie schmeißt. Jaspers Fazit: „In Indien würde ich lieber als Junge geboren werden. Weil Jungs mehr Rechte haben und weil Mädchen ziemlich vernachlässigt werden.“
Was die meisten SchülerInnen nach dem Ausstellungsbesuch anders sehen als zuvor, das ist die Schulpflicht. „Wir dürfen zur Schule gehen“, freut sich Jennifer – neuerdings. Katrin Jäger
bis 23. Juli. Weitere Informationen: www.weil-wir-maedchen-sind.de