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Viele bunte Katrins

■ Aus den Akten der politischen Staatsanwaltschaft, deren Auflösung bevorsteht / Eine kleine taz-Serie (1)

Das Verbrechen, das die politische Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft in Atem hält - die Ermittlungsakte ist schon auf 154 Blatt angeschwollen - nahm im vergangenen Sommer in Wilmersdorf seinen Lauf: Mehrere Lehrer- und Juristenpaare tummeln sich auf den Gartenbänken vor ihren Häusern in der Siegburger Straße in der warmen Abendsonne. Die Kinder Laura (6), Katrin (7), Benni (8), Janko (10) und Ella (12) haben sich die Siegburger Straße vorgeknöpft.

Sie schaffen sich an diesem Abend ihre Spielstraße selbst: Ella legt die kleine Katrin auf ein großes Stück Papier, malt den Umriß ab und schneidet ihn aus, um mit der Schablone viele Kartrins auf den Asphalt der Siegburger Straße zu malen. Auch Benni, Janko, Laura und Katrin greifen zu Pinsel und Farbe und malen mit großen Buchstaben das Wort „Kinder“ und einen Kreis mit „10 km“ auf die Straße. Damit könnte die Geschichte zu Ende sein, hätte nicht eine Nachbarin, die beim Überfahren des bunten Bildes ein bißchen Farbe an die Autoreifen bekommen hatte, die Polizei gerufen. Wenig später flatterte den Eltern ein Bußgeldbescheid wegen „Bemalen von Straßenland“ ins Haus. Die legten sofort Einspruch ein. Eine Moabiter Richterin, der die Zeit für so eine Bagatelle offensichtlich zu schade war, stellte das Verfahren kurzerhand ein.

Doch die P-Abteilung der Staatsanwaltschaft in persona des Anklageverters Rolfsmeyer witterte ein Verbrechen und zog den Fall an sich: Seither wird gegen die Eltern wegen Verdachts der Amtsanmaßung - Corpus delicti ist das „10 km“

-und Sachbeschädigung ermittelt. Eine Anklagererhebung des hochbrisanten politischen Falls ist nicht in Sicht.

Für eine in loser Folge geplante Veröffentlichung ähnlich brisanter Fälle der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft bitten wir unsere Leserschaft um Hinweise und Texte. Bitte senden an: taz-Berlinredaktion, zu Händen Plutonia Plarre, Wattstr. 11-13, 1/65.

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