Viele Züge brechend voll: Ansturm auf die Bahn
Die Luftraumsperrungen wegen des Vulkanausbruchs in Island haben in Deutschland zu einem Ansturm von Reisenden auf die Bahn geführt. Manche Bahnsteige sind kaum mehr zu erreichen.
HAMBURG dpa/taz | Weil alle Flughäfen außer München gesperrt sind, versuchen Reisende auf die Bahn auszuweichen. Auf den Hauptstrecken zwischen den Ballungszentren waren am Freitag viele Züge brechend voll, obwohl die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben ihren gesamten Wagenpark mobilisierte. "Alles was rollen kann, rollt", sagte ein Bahnsprecher in Berlin. Auf vielen Bahnhöfen wie etwa dem Berliner Hauptbahnhof bildeten sich in den Reisezentren lange Schlangen. Auf den Bahnsteigen für den Fernverkehr drängten sich Menschenmassen.In Göttingen kam man nur noch mit Platzkarten auf die Bahnsteige, manche Reisende verkauften ihre Tickets meistbietend.
Die Bahn beorderte zusätzliches Service-Personal auf die wichtigsten Bahnhöfe. Kein Schalter sollte unbesetzt bleiben. Auf dem weitläufigen Berliner Hauptbahnhof herrschte zeitweise ein so starkes Gedränge, dass sich die Reisenden mit ihrem oft schweren Gepäck nur mühsam einen Weg zu ihrem Bahnsteig oder zum Reisecenter bahnen konnten. An normalen Tagen befördert die Deutsche Bahn allein im Fernverkehr durchschnittlich 340.000 Menschen.
Auf den Berliner Flughäfen gaben manche gestrandeten Lufthansa-Kunden nach stundenlangem vergeblichen Warten auf einen Abflug auf und tauschten ihr Flugticket gegen einen Fahrschein der Bahn. Möglich wurde dies, weil es ein Kooperationsabkommen zwischen der Deutschen Bahn und der Lufthansa gibt. Wer als deren Kunde auf die Bahn umsteigen will, kann sich an den Abfertigungscountern der Fluggesellschaft einen Reisevoucher für die Bahn abholen. Dies gilt auch für elektronische Tickets. Coupons für internationale Flüge können in den Reisezentren der Bahn gegen Zugfahrscheine eingetauscht werden.
Die Sperrung am Hamburger Flughafen hatte auch starke Auswirkung auf den Bahnverkehr im Norden. "Wir haben ein hohes Reiseaufkommen und setzen, sofern möglich, auch Extra-Züge ein", sagte ein Bahnsprecher am Freitag in Hamburg.
Eine "extrem hohe Nachfrage" vermeldet der Autovermieter Avis am Hamburger Flughafen. "Die Lage ist fatal. Die Kunden geben ihre Autos alle anderswo als geplant zurück. Alles läuft durcheinander. Wir nehmen hier nur noch Einzelschicksale an", so eine Mitarbeiterin der Airport-Filiale. Für gestrandete Fluggäste, die ins Ausland weiterreisen möchten, gibt es aufgrund der Logistikprobleme derweil gar keine Fahrzeuge mehr.
Die Deutsche Bahn setzte auf der Strecke Hamburg-München einen zusätzlichen ICE ein. Service-Personal, das von anderen Hamburger Bahnhöfen an den Hauptbahnhof beordert worden war, sollte in den Reisezentren vor allem ausländischen Fahrgästen weiterhelfen, die in Hamburg gestrandet waren. "Am Hauptbahnhof war es voll", so Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis, "Wir hatten deutlich mehr Reisende im Zentrum und ausgelastete Fernzüge.
Besonders betroffen sei die Route Richtung Süden. Zudem rollte bereits ein zusätzlicher Zug nach Kopenhagen. Zahlreiche Flugpassagiere seien am Donnerstagabend am Hamburger Hauptbahnhof gestrandet. "Wir hatten die DB Lounge über Nacht geöffnet und dort rund 130 Reisende untergebracht." Die Bahn beorderte zusätzliches Service-Personal. Nach Angaben des Sprechers sollte am Freitag am Hauptbahnhof kein Schalter unbesetzt bleiben.
Am Hannoveraner Flughafen hat sich die Lage am Freitagnachmittag entspannt. "Die Fluggäste haben sich gut informiert und wurden von den Fluggesellschaften und Reiseanbietern in den umliegenden Hotels untergebracht", berichtet ein Sprecher des Flughafens. Und auch für die Unterhaltung derjenigen, die am Flughafen bleiben mussten ist gesorgt. Der Radiosender Antenne Niedersachsen hat dort eine Bühne aufgebaut und
unterhält die Gestrandeten.
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