: Viele Sieger auf einem Deckel
■ Bahrenfelder Gesprächstherapie beweist: Die Überdachung der A 7 ist billig, schafft Baugrundstücke, Lärmschutz und Arbeitsplätze Von Heike Haarhoff
Ein Autobahn-Deckel über der A 7 zwischen Elbtunnel und Volkspark kostet 200 Millionen Mark: Nach jahrelangem Streit zwischen der Baubehörde und der Bürgerinitiative „Ohne Dach ist Krach“ um Gutachten, Baukosten und Nutzen-Kosten-Rechnungen liegt seit gestern erstmals eine „klare und einvernehmliche Datenbasis“ zur Finanzierung des 2,8 Kilometer langen Beton-Dachs vor. Sie ist das Ergebnis eines fünfmonatigen „Mediationsverfahrens“, in dem es den Hamburger Rechtswissenschafts-Professoren Ulrich Ramsauer und Bernd Holznagel gelang, Konsens zwischen den streitenden Parteien über die Kostenhöhe herzustellen.
Nach der gemeinsamen Gesprächstherapie halten sowohl Behörde als auch BI die Summe für realistisch. Wann und ob die Überdeckelung für mehr Lärmschutz aber umgesetzt wird, steht weiterhin in den Sternen: „Das ist eine politische Frage, die jetzt diskutiert werden muß und auch davon abhängt, ob der Bund sich an der Finanzierung beteiligt“, weicht Baubehörden-Sprecher Jürgen Asmussen aus. Auch nach einjähriger Bedenkzeit hat sich der Senat keine Meinung darüber verschafft, ob er den Deckel will oder nicht. Immerhin muß er zur Freude der BI seine bisherigen überhöhten Schätzungen korrigieren: Das Beton-Dach über der Autobahn wäre tatsächlich nur halb so teuer, wie die Bonner Immobilienberatungsgesellschaft (IBG) im Auftrag der Baubehörde vor einem Jahr und für satte 280.000 Mark errechnet hatte.
„Die enorme Differenz“, so Ramsauer, „ergibt sich dadurch, daß die Gutachter von erheblich stabileren und damit auch teureren Betonkonstruktionen ausgingen.“ Daß die aber gar nicht nötig sind, hatte die BI schon vor mehr als einem Jahr dargelegt. „Ein Kommunikationsdefizit“, räumte Ramsauer ein, das nun aber behoben sei: „Aus dem Mediationsverfahren gehen alle als Sieger hervor.“
Das jetzt vorgelegte Konzept will – wie es die BI schon immer vorhatte – den Deckel hauptsächlich durch Flächentausch finanzieren: Auf die rund 30 Hektar große Deckel-Fläche über der Autobahn sollen Kleingärten, Sportplätze und Parks aus Othmarschen und Bahrenfeld verlegt werden. Die so freiwerdenden Flächen neben der Autobahn könnten dann künftig als Wohnungs- oder Gewerbebauland genutzt werden und der Stadt über Verkauf oder Steuereinnahmen hohe Gewinne bescheren, erklärt BI-Sprecher Bernt Grabow.
Die Baukosten für den Deckel hingegen blieben gering, „weil er keine schweren Gebäude aushalten muß“. Je nachdem, in welchem Verhältnis die Flächen getauscht würden, ließen sich die Baukosten sogar auf 174 Millionen Mark senken, rechnet Ramsauer vor. Die Baubehörde geht davon aus, daß der Bund sich mit mindestens 55 Millionen Mark an den Baukosten beteiligen würde: Das entspricht der Summe, die er ohnehin für Lärmschutz entlang der Autobahn ausgeben müßte. Das Dach sei „ein Bündnis für Arbeit“, fordert auch Michael Melcher von der BI zügige Umsetzung: „Hamburg kann hier über fünf Jahre 2000 neue Jobs schaffen.“
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