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Viele Menschen wünschen sich, dass Flüchtlinge Sexualstraftaten begehen – so sehr, dass sie am liebsten selbst ein bisschen nachhelfen würdenZu Verbrechern gemacht

Fremd und befremdlich

KATRIN SEDDIG

Viele Leute wünschen sich von Herzen, dass Flüchtlinge Straftaten begehen. Am meisten wünschen sie sich aber, dass Flüchtlinge Sexualstraftaten begehen. Auch wenn es nur eher so Belästigungen sind, wie zum Beispiel die „Angrapscherei“, der die Hamburger Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank beim Fest der Hamburger Landesvertretung ausgesetzt war.

Da konnte man an vielen Stellen lesen, dass gerade der Hinweis der Polizei, dass der Täter aus einer polnischen Stadt käme, gleichzeitig auch ein Hinweis auf die „wahre“ Herkunft des Täters sei. Wäre dann ans Licht gekommen, dass der Täter zum Beispiel ein syrischer Kriegsflüchtling sei, dann würden diese Leute sich sehr freuen.

Manchmal wünschen sie sich sogar konkret, dass es, in der Regel Politikerinnen, passiere, dass sie Opfer einer Sexualstraftat würden. Warum wünschen sie sich das? Weil sie recht haben wollen in ihrer Annahme, dass Flüchtlinge Straftäter sind und unserer Gesellschaft zum Schaden gereichen. Dieser Wunsch in ihnen ist so stark, und es macht sie so dermaßen glücklich, wenn sie dieses Rechthaben endlich auskosten dürfen, dass sie dafür am liebsten selbst ein bisschen nachhelfen würden, bei diesen Straftaten.

Ich glaube, dass Flüchtlinge sehr wohl Sexual- und andere Straftaten begehen. Ich glaube, dass Menschen im Allgemeinen zu all dem fähig sind und dies auch tun. Deshalb haben wir eine Justiz und eine Polizei. Ich glaube allerdings nicht, dass die Nationalität eines Menschen mit seinem Hang zur Kriminalität in Zusammenhang steht, sonst hätten wir Deutschen vielleicht einen bereits schon erblich in uns angelegten Hang zum Genozid. Die Umstände, unter denen der Mensch lebt, spielen aber schon eine Rolle. Extreme Lebensumstände können dazu beitragen, Menschen in die Kriminalität zu treiben.

Das Gefängnis, zum Beispiel, macht Menschen nicht besser. Manche Menschen werden erst im Gefängnis zum richtigen Verbrecher gemacht. Man hat da schlechten Umgang. Weshalb dieses Konzept auch mangelhaft ist. Im Allgemeinen ist es so, dass Menschen, wenn sie zusammengepfercht sind, öfter zusammenstoßen, sich mehr streiten, als wenn sie Privatsphäre und Raum für sich haben. Das weiß man, wenn man mit seinen Geschwistern ein Zimmer teilen musste.

Ich zum Beispiel habe mich oft mit meinen Geschwistern geprügelt, ich habe regelrechten Hass empfunden, obwohl ich sie eigentlich liebte. Dabei hatte ich noch nicht einmal die Probleme, mit denen Flüchtlinge hier ankommen. Gewalt, Tod, Trennung, Zerstörung der Heimat, der eigenen Träume, lauter schreckliches Zeug, das einen schon sehr sauer machen kann. Man sollte das nicht unterschätzen. In Flüchtlingsunterkünften gibt es deshalb Sicherheitsleute, die passen auf, dass alles seine Ordnung hat.

Karin Prien von der Hamburger CDU kritisiert nun, die Sicherheitsleute würden nicht oder nicht ausreichend überprüft. Sie hält es für möglich, dass Sicherheitsleute zum Beispiel fremdenfeindlich sein könnten. Komisch sei auch, dass die Kosten für Sicherheitsfirmen gestiegen seien, obwohl die Zahl der Flüchtlinge abgenommen hätte. Sie fragt sich, ob die Sicherheitskräfte etwa Vorfälle provozierten? Eine gewagte These? So was kann jedenfalls passieren, wenn einer an so was verdienen kann, eben die Sicherheitsfirma. Manche Aufgaben sollten vielleicht besser nicht in Hände gegeben werden, die daran verdienen müssen, weil sie sonst im Wettbewerb untergehen würden. Dann bräuchte man auch nicht Geld dafür ausgeben, um all die privaten Firmen zu überprüfen und zu kontrollieren. Denn Kontrolle, von Sicherheitsleuten etwa, kostet auch Geld. Ein Kontrollsystem, das über ein Sicherheitssystem wacht, das über Menschen wacht, das ist schon irgendwie eine ein bisschen absurde Sache. Und immer noch anfällig.

Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Eine Nacht und alles“ ist bei Rowohlt Berlin erschienen.

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