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Archiv-Artikel

KURZKRITIK: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER SWEET BITTER SYMPHONY Viel Vergnügen mit dem Leid

Schmerz? Will keiner. Außer: in der Kunst. Denn die kann ihn auch als etwas Zweideutiges gestalten, als eine Sweet Bitter Symphony; so hat Kuratorin Stefanie Böttcher die Gruppenausstellung im Künstlerhaus am Deich genannt. Als eine subtile und lustvolle Erfahrung.

Etwa indem sie eine Erwartung weckt und ausgestaltet, die BetrachterInnen auf die Folter spannt. Bis – keine Erlösung eintritt. Nicht jedenfalls in den Videos von Tim Etchells & Vlatka Horvat, von Sofia Hultén, Sven Johne, Ragnar Kjartansson oder Liz Magic Laser. „Das Leiden hat etwas Erzählerisches“, so Böttcher. Deshalb lassen diese Arbeiten tragisch-schicksalhafte Dimensionen aufscheinen – und können zugleich saukomisch wirken, wie Ragnar Kjartanssons Loop „Mercymit der“ von 2004: Der Künstler steht im Country-Outfit, weißer Anzug, schwarze Steelguitar, vor rotem Bühnenvorhang. Und: „Oh, wy do I keep on hurting you?“, singt er: „Oh, why do I“, er tritt zurück, er klampft einen Quartfall, „keep on hurting you“ 65 Minuten: Die Mimik wechselt. Aber Worte, Töne und Akkorde bleiben. Eine Plage. Eine Qual. Ein Witz.

Als wollte sie die hier kunstvoll aufgebaute Aggression entladen, zertrümmert die Schwedin Hultén in „Fuck it up and start again“ von 2001 in einem weißen Raum mit brachialer Gewalt eine Gitarre. Dann verlässt sie ihn. Mit dem neu zusammengesetzten Instrument verfährt sie genauso. Und mit dem erneut geleimten noch einmal. Und wieder. Beim siebten Mal lässt sie den geflickten Korpus nur fallen, und er zersplittert und zerspringt. Sie steht da, ratlos und mit hängenden Schultern – als wäre sie enttäuscht.

Sweet Bitter Symphony, Künstlerhaus am Deich, bis 19. 5.