: Viel Geld, keine Leistung
■ Kritik an GEWOBA wegen verdeckter Mieterhöhung
Rund 50.000 MieterInnen in Tenever, Findorff, der Neustadt und umzu erhielten kürzlich ein überaus zuvorkommendes Angebot ihrer „Gesellschaft für Wohnen und Bauen“. Für nur 0,16157 Mark je Quadratmeter und Monat wollte sich die GEWOBA verpflichten lassen, künftig die Kleininstandhaltung aller Wohnungen durchzuführen. „Für diesen relativ geringen Betrag“, so steht es in dem Schreiben knapp über der eigenhändigen Unterschrift des GEWOBA-Geschäftsführers Kulenkampff, „reparieren oder erneuern wir, ohne weitere Kosten für Sie, Schäden an Lichtschaltern, Steckdosen, Herdplatten, Klingelknöpfen, Wasserhähnen, Toiletten-und Spülbecken, Spülkästen, Fenster-und Türverschlüssen.“ Eine Unterschrift genügte und der Passus in den Mietverträgen, der die MieterInnen zur Beseitigung derartiger Mängel auf eigene Kosten verpflichtete, wäre hinfällig geworden.
Eine noble Geste also, denn wer flickt schon gerne den tropfenden Wasserhahn, fingert im defekten Spülkasten herum oder bezahlt andere für die Beseitigung solcher Ärgernisse.
Weit gefehlt, sagt der Mieterbund zu diesem Vorgehen. Die GEWOBA „segele mit ihrem Angebot unter falscher Flagge und täusche die Mieter über die Rechtslage“, heißt es in einer Presseerklärung des Mieterver
ein Bremen. Schon im Juni vergangenen Jahres habe der Bundesgerichtshof nämlich eine Entscheidung gefällt, nach der vertragliche Regelungen, wonach der Mieter die Kosten von Kleinreparaturen (bis zu 100 Mark) ohne Rücksicht auf ein eigenes Verschulden zu tragen habe, unwirksam sind, wenn die Klausel keinen jährlichen Höchstbetrag enthalte. Und genau das trifft auf die Mietverträge der GEWOBA zu.
Die ausschließliche Alternative zwischen der Verpflichtung, die Kleinreparaturen auch weiterhin selbst durchführen und zahlen zu müssen und der Zustimmung zur Vertragsänderung inclusive Mieterhöhung, die der Brief der Wohnungsbaugesellschaft den MieterInnen suggeriert, entpuppt sich vor diesem Hintergrund als bewußte Irreführung. Der Rat des Mietvereins an die verunsicherten BewohnerInnen, das Angebot der GEWOBA nicht anzunehmen, hat aber noch einen weiteren Grund. Durch die neue Regelung wäre den MieterInnen jegliche Möglichkeit genommen, „die Höhe der Mietbelastung durch sorgsame und pflegliche Behandlung der Mietsache zu beeinflussen“. Falle nämlich in einer Wohnung mit 60 qm in einem Jahr keine Kleinreparatur an, bezahle der Mieter nach dem GEWOBA-Ansinnen dennoch 116,28 Mark. Ein bißchen viel Geld für keine Leistung.
Andreas Hoetzel
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