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Video vom Sachensucher

■ Percy Adlon porträtiert Tomi Ungerer als „Mann vor wilder Landschaft“ (21.40 Uhr, arte)

Einst sorgte sein „Black power/ White power“-Cartoon in mancher Wohngemeinschaft für Debatten. Heute füllt der Zeichner Tomi Ungerer bei arte einen ganzen Themenabend. Bemerkenswert daran ist, daß es sich bei dem Filmdenkmal um eine der wenigen Prduktionen handelt, die eigens für arte hergestellt wurden. Percy Adlon hat den Abend aus zwei Arbeiten des Dokumentarfilmers Christian Klein, drei frühen Ungerer-Zeichentrickfilmen aus den USA und einem langen, in drei Stücke unterteilten eigenen Werk komponiert, für das er dieses Jahr zusammen mit Ehefrau Eleonore zu Ungerers nach Südirland reiste.

Sein Film, sagt Percy Adlon, sei „kein Film“, sondern „ein Band“. Das klingt nach Untertreibung, trifft aber zu, filmtechnisch betrachtet. Denn was der Filmemacher hier unter dem Titel „Mann vor wilder Landschaft“ zeigt, ist tatsächlich eine Art Home-Video, schlicht, schnörkellos, intensiv. Ohne Kamerateam, ohne Licht-, Ton- und das sonst übliche Drumherum, folgt Adlon allein mit seiner Handycam dem weißhaarigen Hünen – wie er im rauhen irischen Wind über die kragen Klippen rund um sein Gehöft stapft, am riesigen Küchentisch seine Frau porträtiert, in Büchern, Zeichnungen, Aufbewahrtem kramt und dabei unentwegt Sätze sagt, „spontane Aphorismen“, die er meist auch selbst, halbverlegen, belächelt.

Er posiere nicht, sagt Adlon über Ungerer, sondern habe „einen siebten Sinn fürs Erzählen vor der Kamera“. Funktionieren kann das, weil die annähernd gleich alten Männer – Adlon ist 62, Ungerer in drei Tagen 66 – „eine Art Seelenverwandtschaft“ verbindet: Beide sind Sachensucher, sehen in den Dingen Dinge des Lebens. Ungerer redet, wie er zeichnet. Adlon zeigt, was er redet. Ulla Küspert

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