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Video der WocheDer Triumph des Demonstranten

Weil ein Interview mit einem Aktivisten dem US-Sender Fox News nicht passte, hat er es kurzerhand nicht veröffentlicht. Peinlich ist: Das Video ist trotzdem aufgetaucht.

Dumm gelaufen für Fox News: Jesse LaGreca machte im Interview eine zu gute Figur. Bild: Screenshot youtube.com

Damit hat Reporter Bill Schulz von Fox News vermutlich nicht gerechnet, als er losging, um ein Interview mit "Occupy Wall Street"-Aktivisten zu führen. In den letzten Wochen zog der konservative Nachrichtensender die Besetzer immer wieder mit Beiträgen ins Lächerliche, in denen er zum Beispiel Aussagen der Demonstranten willkürlich auseinander schnitt und mit Szenen aus bekannten Filmen kommentierte.

Diesmal aber hatte der Reporter es mit dem wortgewandten Blogger und Aktivisten Jesse LaGreca zu tun. Der ließ sich durch Schulz' Fragen nicht aus der Ruhe bringen und drehte mit seiner Rhetorik den Spieß um. Im Interview mit dem Reporter kritisierte LaGreca nicht nur den Umgang, wie die Medien mit der Finanzkrise umgegangen sind, sondern auch konkret die Berichterstattung von Fox News: „Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Menschen an unserer Demokratie mitwirken, was von Fernsehkameras und Leuten wie Ihnen nicht unterstützt wird.“

Schulz konterte daraufhin: "Aber wir geben euch mit dieser Aufnahme die Möglichkeit, eure Meinung loszuwerden und eine faire Berichterstattung zu bekommen." Dass das, was Jesse LaGreca antwortete, niemals gesendet wurde, scheint den Aktivisten nur zu bestätigen. Doch richtig peinlich ist: Die Besetzer haben das Interview mitgefilmt und das ungekürzte Video der Zeitung New York Observer zukommen lassen. Nun empört sich die Netzgemeinde über Fox News.

Dass die Aktivisten ausgerechnet bei dem Gespräch mitfilmten ist jedoch kein Zufall. Wenn die Besetzer Interviews geben oder Reden halten, werden diese immer vom eigenen Medien-Team oder Umstehenden dokumentiert. Aber auch Szenen, in denen Polizisten mit ihren Schlagstöcken auf die Menge eindreschen, halten die Demonstranten mit der Kamera fest.

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Es ist ihre Art sich gegen ihre Gegner abzusichern: Indem sie von sich aus eine Medienöffentlichkeit herstellen, Beweise sammeln und damit deutlich mehr Leuten erreichen. Vor allem aber schützen sie sich damit selbst. So empfiehlt LaGreca in einem Interview mit dem New York Observer: "Hab immer deine Kamera griffbereit, damit du so etwas aufnehmen kannst."

"Wir brauchen eine enorme mediale Aufmerksamkeit und wenn uns andere Medien die nicht geben, erzeugen wir sie eben selbst", sagt ein Aktivist in einem anderen Video. Es ist ein Kampf gegen viele der klassischen, amerikanischen Medien. Die haben die Bewegung lange Zeit nicht ernst genommen.

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13 Kommentare

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  • P
    pandur

    Warum liegt dooferweise das Handy immer zuhause wenn man es braucht?! Auch in D ist das durchaus normal, ich habe schon öfters Interviews gegeben und mich manchmal sehr gewundert, was dabei rausgekommen ist. Selbst komplett verschiedene Interviews, bei denen man anhand von Kleidung/Tageslicht als aufmerksamer Beobachter die Schnitte sieht. Aber was machen wir uns sorgen? "Die da oben" sind total schlau und gerecht, also ist es doch gut das eigene Hirn nicht zu belasten. Momentan sorgen sie mit ihrer skrupellosen Umverteilung von unten nach oben sogar für die kommende Revolution.

  • TS
    Thomas Shamrock

    Über FOX braucht wirklich keiner zu diskutieren, das ist ein reiner Sender der Konservativen. Das geht dann so Richtung Neokonservative und Tea Party.

    Was ich aus diesem Bericht ziehe und was ein Füllmaterial des "Liquid Democracy"- Begriffes wäre ist die Tatsache das Umstehende einfach die Interviews mit aufzeichnen und falls diese verfälscht oder garnicht wiedergegeben werden ins Internet bringen.

  • K
    Kaboom

    Ich weiss nicht warum sich irgend jemand über FOX-News echauffiert. FOX-News ist ein rechter Agitprop-Kanal, und die Leute, die dort arbeiten sind jounalistischer Objektivität genauso verpflichtet wie Karl Eduard von Schnitzler.

  • CK
    Corinna Klingler

    @ TrooperDaDon: Die Videos mit den Schlagstöcken sind direkt unter dem mit dem Pfefferspray zu finden. Ansonsten auch hier nochmal: http://www.myfoxny.com/dpp/news/occupy-wall-street-protest-broadens-scope-20111005

  • WS
    Wolfgang Schmidt

    @von Summ: Sie sollten den Artikel noch mal lesen. Es geht doch vor allem darum, dass Fox News offensichtlich vorher immer hübsch diese Interviews mit Demonstranten verschnitten hat, um damit Meinung zu manipulieren.

    Genau das nicht zu tun - dazu sollte Fox News doch sehr wohl verpflichtet sein!

    Den Spiess nun sozusagen umzudrehen, mitzufilmen und die Wahrheit zu zeigen, ist doch die einzige Waffen, die diese Leute haben.

    Die Möglichkeit, "dass sie sich einfach irren könnten", kommt gerade "linken" Demonstranten immer in den Sinn.

    Tatsache ist aber, dass noch immer ausschließlich Geld die Welt regiert und manipuliert - und das entsprechend viel Geld auch gerne mal Medien manipuliert, oder wollen Sie das etwa bezweifeln?

    Wie soll man sich dagegen also wehren?

    Und dass diese Demonstranten für "ihre Meinung...in der Bevölkerung keinen Rückhalt finden" ist fast immer nur scheinbar so, denn der größte Teil der Bevölkerung (vor allem in Deutschland) ist zu bequem, zu faul und zu ängstlich für seine Meinung einzustehen und auf die Straße zu gehen.

    Geht dann auch der Otto-Normal-Spießbürger wie in Stuttgart mal tatsächlich auf die Straße, wird ihm mit Wasserwerfern von der Staatsgewalt das Auge ausgeschossen - und anschließend sind dann wieder nur die angeblich "bösen Linken" auf der Straße zu sehen, die ja angeblich keinen Rückhalt in der Bevölkerung für ihre Meinung haben.

    So sieht's aus.

  • B
    Bitbändiger

    @Summ:

     

    Sie haben natürlich völlig recht, @Summ: FOXnews ist nicht VERPFLICHTET, "alle" Interviews zu veröffentlichen. Als bekanntlich völlig objektives und politisch neutrales Organ der Pressefreiheit darf FOX selbstverständlich frei entscheiden, mit welchen Informationen die Zuschauer, vor allem die "Linken", behelligt werden. Sowas läuft bei uns, z.B. bei der geistesverwandten BLÖD-Zeitung, auch nicht anders.

     

    @erikius:

     

    Richtig - Informationen in Medien aller Art sind zwangsläufig immer mehr oder weniger subjektiv angehaucht; Journalisten sind schließlich auch Menschen mit eigenen Grundüberzeugungen. Aber in SERIÖSEN Medien eben nur "angehaucht" und nicht "totgeschwiegen" - ich habe mich in meiner hochgeschätzten taz wie auch in anderen Publikationen schon über so manches (auch deutlich in Kommentaren) geärgert, was ich als ziemlich "rechtslastig" oder "neoliberal" bezeichnet hätte.

  • S
    Summ

    Ist Fox News etwa verpflichtet, alle Interviews zu veröffentlichen? Und jetzt stellt es die taz auch noch so dar, als ob sie es grade nicht veröffentlicht hätten, weil es so "gut" gewesen wäre. Das sehen sicher die Besatzer selbst so.

     

    Im Grunde genommen ist es doch so: Wenn Demonstranten (gerade linke) ihre Meinung, für die sie in der Bevölkerung keinen Rückhalt finden, nicht ausreichend in den Medien repräsentiert sehen, oder wenn sie sogar selbst kritisiert werden, dann wittern sie dahinter böse Kräfte oder Verschwörungen. Die Möglichkeit, dass sie sich einfach irren könnten, kommt ihnen wohl nicht in den Sinn.

  • E
    erikius

    Wieso peinlich?

    So funktioniert Journalismus doch überall sofern eine Sendanstalt nicht neutral ist. Es wäre doch naiv zu glauben wenn ich taz oder Junge Freiheit lese neutrale ungefärbte Informationen zu erhalten. FOX macht Nachrichten für eine Zielgruppe, taz macht Nachrichten für eine Zielgruppe. Bei FOX ist es peinlich - wie sieht sich die taz im Selbstbild?

  • F
    Fragezeichen

    Erst fragte ich mich: Und WO ist der Unterschied zu Deutschland?? Wir tun nichts anderes...nach längerem Nachdenken gibt es doch einen: Das, was z. B. während der Demos gegen S21 gefilmt wird/wurde, wird von KEINEM Sender, keiner Zeitung aufgenommen. Stattdessen bricht die Polizei in Wohnungen von Journalisten ein, um "Videomaterial" zu beschlagnahmen oder vielleicht auch verschwinden zu lassen.

    In den USA scheint es noch öffentliche Medien zu geben, die ihren Auftrag kennen.

    In Süddeutschland existiert das nicht.

    Dafür gibt es cams21.de und fluegel.tv, was immer noch viel zu wenige schauen.

    Und natürlich die kontext-wochenzeitung, die es seit Bestehen ein bisschen besser macht als der Rest, weiter s0.

  • N
    Neo

    Applaus-Applaus-Applaus!!!

    Das hat was von David gegen Goliath -sehr intelligente Strategie.

    Neo, die Unbestechlichen

  • I
    IrgendJemand

    Good job.

     

    :-)

  • R
    ron

    warum übersetzt das die taz nicht?tut mir leid,ich tue mich schwer mit diesem slang..

  • T
    TrooperDaDon

    Polizisten setzen Schlagstöcke gegen Demonstranten ein?!?Das Video, welches verlinkt wurde, zeigt lediglich EINE (zugegebenermaßen dumme) Bemerkung eines Polizisten und eben (noch) KEINE Gewalt. In der Berichterstattung bitte neutral und objektiv bleiben, leibe TAZ!