Video der Woche: Eine rabiate Seele
Die taz-Kollegin Plutonia Plarre drehte zum 20-jährigen Jubiläum der taz-Genossenschaft ein Video über das taz-Kollektiv. Vom Drucker bis zur Autorin sind alle zu sehen.
Die Berliner Lokalistin Plutonia Plarre ist drauf und dran, die erste nur noch filmisch tätige taz-Redakteurin zu werden - und liegt damit weit vorne. Nach den „Berlinfolgen“ - zu sehen auf taz.de - drehte sie nun zum 20-jährigen Jubiläum der taz-Genossenschaft und des taz-Kongresses „Das gute Leben“ einen zwölfminütigen Videoclip über das taz-Kollektiv.
Das lebt immer guter - dank der vielen meist süddeutschen Big Spender, auch taz-Genossen genannt, die kürzlich erstmals selbst eine taz-Ausgabe produzierten. Daneben gab die für die Genossen-Akquise und -Pflege zuständige taz-Abteilung ein Buch über die wohltuende Wirkung von Genossenschaften im Weltgeschehen heraus.
„Plullis“ filmische Ist-Zustandsbeschreibung „die taz 2012“ wurde rechtzeitig zum taz-Kongress „Das gute Leben“ im Haus der Kulturen der Welt ins Netz gestellt - von der taz-Onlineredaktion. In dem „taz.de“-Clip kommen vom Vorarbeiter in der Druckerei über die Vertriebs-Mitarbeiter und die Redakteure bis zu den Autoren alle wenn schon nicht zu Wort dann wenigstens ins Bild. Umso merkwürdiger, das der Online-Geschäftsbereich der taz ausgespart blieb - obwohl es umgekehrt der Print-Bereich ist, der in den nächsten Jahren verschlankt und schließlich abgewickelt wird - wenn man dem Herausgeber der New York Times glauben darf.
In der taz äußert sich dies bereits dadurch, dass die Arbeitsräume für die (letzte?) Printausgaben-Mannfrauschaft immer hübscher und ergonomischer werden. Inzwischen gibt es sogar schon eine kommunikative Steh-„Lounge“ - um die Afrika-Kaffeeautomaten herum - für diese „Holzjournalisten“. Über die Einstellung von ökologisch korrekten Dachgärtnern wird noch gestritten - seitdem der Hanfanbau dort von der Geschäftsleitung nicht mehr „gerne gesehen“ wird.
Die taz ist nun also - fünf vor zwölf, da bereits die „Bürgerjournalisten“ ante portas stehen - eine richtige - aktuelle - Zeitung. Und das äußert sich auch bei den von Plulli interviewten tazlern, ähnlich wie bei den Politikern, die ebenfalls an ihrer Abschaffung arbeiten, überwiegend positiv.
Empfohlener externer Inhalt
In sogenannten primitiven Gesellschaften fragt man stets „Wer?“, in den westlichen dagegen „Was?“. So fragte denn auch Plulli die taz-Mitarbeiter: Was ist die taz? Zwischen deren optimistischen Statements nach Art von Werbespots wurden shots aus dem taz-Arbeitsalltag geschnitten und das ganze u.a. mit Musik der Gruppe „Blechreiz“ unterlegt (der „taz1“-Redakteur Rüdiger Rossig ist Mitglied dieser Deutsch-Ska-Band). Das dabei am Ende rausgekommene politische Profil des ideellen Gesamttazlers zwischen An- und Abdruck macht den Eindruck, dass dessen „Linkssein“ sich von den Grünen über „Die Linke“ bis zur Piratenpartei erstreckt.
Drucker als Erstleser
In diesem „taz-spirit“ begreifen sich die Leitungsfunktionsträger als „Moderatoren“ und die Drucker als Erstleser. Zudem sind die taz-Macher jünger als die taz-Leser und ihre Gesamt-„Seele“ ist „leicht verletztlich“, wie der Redakteur für Fernwirkung, Philip Gessler, meint. Während die eher im Nahbereich wirksame Assistentin der Chefredaktion Gaby Sohl von einer „im Großen Ganzen rabiaten Seele“ spricht, die schon einiges überlebt hat.
Ob sie auch den derzeit grassierenden Optimismus überlebt, diese Seele, mag dahingestellt sein. Denn Unternehmen haben keine Seele (mehr), wie eine Forschungsgruppe der Uni Bielefeld jüngst festgestellt hat. Der taz-Parlamentsbüro-Redakteur Stefan Reinicke spricht denn auch lieber vom „Herz“ der taz - in dem noch immer eine „spontane Veranstaltung“ schlägt oder vielmehr schlummert.
Für die eher gründliche Finanzwirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann ist es dagegen immer noch erstaunlich, dass so ein doch ganz „normaler Durchschnitt der Bevölkerung derartig originell sein kann, wenn man ihn einfach mal machen lässt.“ Leider kommt das in den Antworten der dazu interviewten taz-Mitarbeiter irgendwie nicht richtig rüber, wie man in unseren Filmkritikerkreisen so sagt.
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