Video der Woche: Feuer, Wasser, Öl und Smartphone
Was tun, wenn in Nigeria die Gaspipeline brennt? Oder wenn das Wasser nach Öl schmeckt? Richtig: Handy gezückt! Denn es gibt eine App dafür.
Was ist der Unterschied zwischen einem Marxisten und einem PR-Berater? Der Marxist glaubt, Philosophen hätten die Welt nur verschieden interpretiert, es käme aber darauf an sie zu verändern.
Der PR-Berater dagegen weiß: die Welt verändern, das wird alles viel zu teuer, ist viel zu umständlich und bitte, wo sind denn da die Talking Points? Umso mehr, wenn sich all der Krach und Schmutz und Staub auch mit einigen wenigen kommunikativen Kniffen beheben lässt. Zum Beispiel mit der liebsten Spielzeug aller Agenturfritzen: mit einer App.
Nun besteht der primäre Nutzen von Apps darin, bei einschläfernden Besprechungen oder während nervenzehrender Wartezeit am Flughafen die Zeit vergehen zu lassen. So eine App kann natürlich auch hilfreich sein – etwa wenn man Wege, Bahnverbindungen oder Geldautomaten sucht und findet. Und natürlich ist der Nutzen solcher Programme nicht Probleme der ersten Welt beschränkt, wie ein freundlicher, wenn auch arg schottelnder Herr der „Royal Dutch Shell“ verkündet.
Empfohlener externer Inhalt
Im Nigerdelta, sagt er nämlich, wären Lecks in Gas- und Ölleitungen und brennende Ölfelder derartig häufig, dass man bereits von einem, nun ja, Lifestyle sprechen könne. Aber Shell habe eine Lösung – eine App, natürlich, mit dem wundervollen Namen „Live with it!“. Mit dieser, erklärt der nette „Chief Facade Officer“, könne man aktuelle Ölaustritte melden, dadurch auch wertvolle „Shell Points“ sammeln, für die man wiederum im Shell-Onlineshop überlebensnotwendiges Equipment erwerben könne!
Selbstverständlich handelt es sich bei diesem zynischen Werbefilmchen um eine gehässige Parodie und selbst um eine Kampagne, allerdings von Umweltschützern. Denn auch da irrte sich der alte Marx: das gesellschaftliche Bewusstsein bestimmt das Sein, nicht andersherum.
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