Video-Spott: Eine Aneinanderreihung der Schlagzeilen in grotesker Absurdität
Einmal das Tatar bitte aufs Luxuszimmer. Ach, das ist nur für Hunde? Egal, dann einfach nur die Hälfte. Geld spielt keine Rolex. Ein Hotelzimmer, Jan Böhmermann im weißen Bademantel und eine Telefonleitung zu Klaas Heufer-Umlauf, ebenfalls im weißen Bademantel. Das ist das Setting eines neuen Videos der beiden Moderatoren.
Es ist ein klassischer Böhmermann – viel Ironie, Übertreibung macht anschaulich. Aber in diesem Fall wird es nach der Tatar-für-Hunde-Nummer ernst.
Denn Böhmermann und Heufer-Umlauf sprechen über die Griechenlandkrise und benutzen dafür nur Schlagzeilen deutscher Medien. „In Wirklichkeit sind die Griechen doppelt so reich wie wir.“ „Nein, keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen.“ „Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleitegriechen.“ „Russen oder Griechen, wer ist eigentlich gefährlicher?“ „Chaotische Verwaltung.“ „Der Euro ist kein Geschenk der Götter.“ Nichts davon ist ausgedacht, die Medien werden im Video eingeblendet. Stern, Welt, Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung und ganz viel Bild.
Die Aneinanderreihung der Schlagzeilen führt in grotesker Absurdität vor, mit welchen Klischees viele deutsche Medien in der Griechenlandkrise Politik betrieben haben und betreiben. Böhmermann und Heufer-Umlauf haben für ihr Video „Unsere schönen deutschen Euros“ einen Hashtag erfunden: #stopbeingassholes.
Das Video hat Böhmermann direkt mal an SPD-Chef Sigmar Gabriel getwittert, der ja auch mit schwungvoller Griechenlandrhetorik aufgefallen ist, und ihn gefragt, ob er helfen würde, junge Leute für das Thema zu begeistern. Gabriel stieg ein und lud Böhmermann und Heufer-Umlauf via Twitteraccount der SPD zu sich ein. Böhmermann lehnte ab: „Nee, Missverständnis, Herr Vizekanzler. Wir würden SIE gerne in dieser Sache instrumentalisieren, nicht andersrum.“ Da ist der letzte Tweet sicher noch nicht ausgetauscht.Die bittere Pointe am Ende des Videos wiederum steht: Der Bildschirm wird schwarz. Die Deutschen hätten in diesem Sommer eine historische Chance, heißt es dann. „Die Chance, uns einmal nicht wie Arschlöcher zu benehmen.“ Schließlich habe man guten Grund, den Griechen zu helfen. Es folgt ein letztes Wort, erst auf Deutsch, dann in vielen anderen Sprachen: Europa.
Die europäische Idee. Da war ja mal was. Rieke Havertz
Video: taz.de/!5212671
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