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VfL Wolfsburg schafft KlassenerhaltMannschaft ohne Teamgeist

Der VfL Wolfsburg sichert sich mit einem Sieg den Klassenerhalt. Doch der Brasilianer Diego tritt in den Streik, weil er Magaths demütigende Motivationen nicht schätzt.

Befreiender Jubel: Trainer Magath nach dem Treffer zum 2:1. Bild: dpa

HOFFENHEIM taz | Was sich zunächst niedlich anhörte, war eine herbe Botschaft des strengen Trainers. "Diese kleinen Problemchen", sagte Felix Magath und meinte seinen streikenden Spielmacher Diego, "verschiebe ich auf später. Ich werde mich damit im Urlaub nicht belasten."

Als die Profis des VfL Wolfsburg, deren Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga durch einen 3:1-Erfolg bei der TSG Hoffenheim aus eigener Kraft gelang, am Sonntagmittag in die Sommerpause verabschiedet wurden, ging das Theater um ihren bockigen Kollegen in die nächste Runde.

Am Tag zuvor, als Magath ihn zunächst auf die Bank setzen wollte, hatte Diego den Dienst verweigert und war spurlos verschwunden. Dass er am gestrigen Abschlusstraining wieder teilnahm, dürfte nichts daran ändern, dass seine Zukunft nach nur einer Saison in Wolfsburg verbaut ist.

Die Spieler einer Mannschaft, deren Teamgeist eine gesamte Saison lang schmerzlich vermisst worden war, hatten in Hoffenheim eine Energieleistung gezeigt, die als beste Antwort auf Diegos Verweigerung gewertet werden darf. "Sein Verhalten ist nicht zu entschuldigen und nicht zu akzeptieren", sagte Kapitän Marcel Schäfer.

34. Spieltag

Ergebnisse:

Hamburg - Mönchengladbach 1:1

Mainz - St. Pauli 2:1

München - Stuttgart 2:1

Hannover - Nürnberg 3:1

Hoffenheim - Wolfsburg 1:3

Köln - Schalke 2:1

Freiburg - Leverkusen 0:1

Dortmund - Frankfurt 3:1

Kaiserslautern - Bremen 3:2

***

Tabelle:

1. Borussia Dortmund 67:22 (Tore) 75 (Punkte)

2. Bayer Leverkusen 64:44 68

3. Bayern München 81:40 65

4. Hannover 49:45 60

5. Mainz 52:39 58

6. 1. FC Nürnberg 47:45 47

7. 1. FC Kaiserslautern 48:51 46

8. Hamburger SV 46:52 45

9. SC Freiburg 41:50 44

10. 1. FC Köln 47:62 44

11. 1899 Hoffenheim 50:50 43

12. VfB Stuttgart 60:59 42

13. Werder Bremen 47:61 41

14. Schalke 38:44 40

15. VfL Wolfsburg 43:48 38

16. Mönchengladbach 48:65 36

17. Eintracht Frankfurt 31:49 34

18. FC St. Pauli 35:68 29

Magath musste zugeben, dass er einen Eklat wie den von Diego noch nicht erlebt habe. "Als ich im Mannschaftshotel an die Tafel geschrieben habe, dass er nicht von Beginn an spielt, hat er seine Sachen gepackt und ist gegangen", berichtete der Wolfsburger Boss.

Magath möchte es Juristen überlassen, wie man mit einem Großverdiener umgeht, der den VfL Wolfsburg immerhin rund 16 Millionen Euro Ablöse gekostet und der sein Ego wiederholt wichtiger als die Ziele der Mannschaft genommen hat. "Unser Team hat auf den Vorfall gut reagiert. Vielleicht hat uns das auch noch enger zusammengeschweißt", fand Sascha Riether.

Sich selbst im Weg gestanden

Wie man sich für eine in Not geratene Mannschaft richtig engagiert, hatte erneut Mario Mandzukic vorgemacht. Der Kroate war mit acht Saisontreffern während der letzten neun Spiele der große Erfolgsgarant eines Teams, das auf ganzer Linie enttäuscht hatte. Zwei Treffer des unermüdlich kämpfenden Stürmers brachten die durch ein Gegentor von Roberto Firminio in Rückstand geratenen Wolfsburger noch auf die Siegerstraße.

Bezeichnend für den Zustand der Mannschaft war aber auch, dass Stürmer Grafite auf dem Weg zu seinem 3:1 vom Kollegen Riether angeschossen wurde und dabei nur im Weg herumgestanden hatte. "Wir sind die gesamte Saison über unseren Ansprüchen nicht gerecht geworden. Aber wir gehen aus dieser Sache hoffentlich gestärkt heraus", sagte Kapitän Schäfer, der als einer der wenigen VfL-Profis die Fähigkeit zur Selbstkritik mitbringt.

Diego trieb es auf die Spitze. Er hatte mit seiner Arbeitsverweigerung am alles entscheidenden Spieltag noch einmal bewiesen, worum es ihm, aber auch so manchen anderem Großverdiener im Kader wirklich gegangen ist - nämlich um die eigenen Belange. "Die Mannschaft war nie eine Mannschaft", beteuert Magath, der es mithilfe von viel Druck und Kritik verstanden hat, das in eine tiefe Lethargie verfallene Ensemble gerade noch rechtzeitig wieder wachzurütteln.

Mit dem Verteilen der Urlaubspläne hat Magath am Sonntag, der weiter von einem Abstieg verschont bleibt, ein neues Kapitel mit Wolfsburg aufgeschlagen. "Dramatischer hätte die Saison nicht enden können. Ich bin erleichtert und leer. Aber in den kommenden Jahren möchte ich mit dem VfL weiter oben spielen", sagte der 57-Jährige, der sich entscheiden muss, ob er seiner Mannschaft eine weitere Saison mit Diego zumuten möchte. "Man sollte in Fällen wie diesen immer alle Seiten hören", findet Leonardo Scheinkmann, der Medienberater des Brasilianers. Magaths Taktik im Abstiegskampf, den glücklosen Diego durch den im Grunde schon aussortierten Dänen Thomas Kahlenberg in der Startelf zu ersetzen, muss einem Profi wie Diego wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen.

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1 Kommentar

 / 
  • U
    Urgestein

    "Diego tritt in den Streik, weil er Magaths demütigende Motivationen nicht schätzt."

     

    Das klingt jetzt aber nach reichlich viel Mitgefühl und Verständnis. Das Verhalten von Diego ist vollkommen inakzeptabel und durch nichts zu entschuldigen. Dass der Mann ein charakterloser Egomane ist, der sein asoziales Verhalten in Bremen jahrelang kultivieren durfte mag als Erklärung dienen, keinesfalls jedoch als Entschuldigung.

     

    Ich habe schon im letzten Sommer bei der Vermeldung von Diegos Transfer zu den Wölfen geahnt, dass das ein Riesenbock von Dieter Hoeness war und die Negativschlagzeilen um ihn zogen sich denn auch wie ein roter Faden durch die gesamte Saison. Im Herbst, nachdem er nach drei Einsätzen schon mit ebenso vielen gelben Karten vorbelastet das zweite Spiel in Folge eigentlich vom Platz hätte fliegen müssen, hatte ich schon einmal seine charakterlichen Defizite kommentiert.

     

    Damals wurde das hier gleich wieder gelöscht. Und offenbar kann immer noch nicht sein, was nicht sein darf. Werder-Sympathisanten-Sumpf auf ganzer Linie halt. Bravo, taz.

     

    Das Geld gebe ich dann aber doch lieber für eine wirklich einigermassen um Unvoreingenommenheit bemühte Sportberichterstattung aus.