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Archiv-Artikel

Verweigerer wieder frei

Zwei Bremer Totalverweigerer sind nach 50 Tagen aus dem Arrest entlassen worden, weil sie als „nicht disziplinar“ gelten. Jetzt droht beiden ein ziviles Strafverfahren

Bremen taz ■ Überraschend wurde am Montag der Bremer Totalverweigerer Jannes von Bestenbostel (Foto links) aus seiner Arrestzelle in der Brandenburger Roland-Kaserne frei gelassen und nach Hause geschickt. Eigentlich hatte er noch vier Tage abzusitzen – nachdem er bereits 50 Tage wegen wiederholter Befehlsverweigerung zur „Disziplinierung“ eingesperrt war. Doch jetzt entschied ein Truppendienstgericht der Bundeswehr, dass der 20-Jährige „nicht weiter erziehbar sei“.

Damit sei der Disziplinararrest hinfällig, bestätigte der stellvertretende Kommandeur der Kaserne, Jürgen Moteka. „Zum Bestrafen sind wir nicht da.“ Das wird jetzt ein ziviles Gericht übernehmen: Der Fall sei der Staatsanwaltschaft übergeben worden, da Totalverweigerung als Straftat geahndet wird. Die Höhe des Strafmaßes fällt jedoch sehr unterschiedlich aus: Zuletzt war ein Bremer Totalverweigerer mit einer Geldstrafe auf Bewährung recht glimpflich davongekommen. Auch Freispruch und Freiheitsentzug sind möglich.

Auf einen Strafprozess muss sich auch der gleichaltrige Alex Lieberg (Foto rechts) aus Bremen einstellen. Der Kriegsgegner wurde ebenfalls am Montag nach 49 Tagen aus der Friesland-Kaserne in Varel entlassen. Wie von Bestenbostel hatte er jeglichen Befehl verweigert. Die beiden jungen Männer lehnen Militär- und Zivildienst gleichermaßen ab.

Beide sind trotz der langen Zeit im Disziplinar-Arrest froh, ihre Verweigerungshaltung damit ausgedrückt zu haben, dass sie in der Bundeswehr die Befehle verweigert haben. „Ich würde es wieder tun“, sagt Lieberg. Die Zeit im Arrest sei auch nicht so schlimm gewesen wie erwartet. Zum einen sei die „erdrückende Langeweile“ ausgeblieben, zum anderen hätte er sich mit vielen Soldaten überraschend gut verstanden. „Ich habe nur zwei getroffen, die ihr Vaterland verteidigen wollen.“

Die jungen Männer lehnen Militär- und Zivildienst als zwei Seiten einer Medaille ab. „Im Kriegsfall würden wir genauso behandelt wie die Soldaten“, so von Bestenbostel. Den häufig betonten positiven Aspekten des Zivildienstes kann er nichts abgewinnen: Wenn das Geld, das für die Zivis ausgegeben wird, direkt in die Einrichtungen fließen würde, könnten dort qualifizierte Arbeitskräfte arbeiten, die nicht alle neun Monate wechseln. ede / eib