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VerwaltungsposseHeftige Nachwehen beim Elterngeld

Viele Eltern warten vergebens auf das neue Elterngeld, weil die Bezirke vor der Antragsflut kapitulieren. Manche Behörden müssen sogar zeitweise schließen, um den Stau abzuarbeiten. Gründe sind das komplizierte Gesetz und Softwaremängel.

Nachdem kürzlich das Pankower Schulamt damit Aufsehen erregte, dass es nicht auf die wachsende Zahl der Erstklässler im Prenzlauer Berg eingestellt war, wird nun das Jugendamt vom Pankower Kinderreichtum überrascht. Die Anträge auf das seit dem 1. Januar eingeführte Elterngeld haben sich dort so angehäuft, dass die Behörde nun an einem Tag in der Woche für den Publikumsverkehr schließt, um den Stau abarbeiten zu können.

Pankow ist nicht der erste Bezirk, dessen Jugendamt vor der Menge der Anträge - 400 allein im Juli, 1.800 seit Jahresbeginn - kapituliert. Die Jugendämter von Neukölln (1.170 Anträge seit Jahresbeginn) und Charlottenburg-Wilmersdorf (1.108 Anträge) hatten je zweiwöchige Sonderschließungen verhängt, um der Masse Herr zu werden. Warum sind die Berliner Bezirke mit dem neuen Gesetz überfordert? Das Problem sei die komplizierte Berechnung des Einkommens der Antragsteller. Das Gesetz sieht vor, die Gehälter beider Eltern über den Zeitraum eines Jahres vor der Geburt Monat für Monat einzeln zu erfassen. Das sei, so die Pankower Jugendamtsleiterin Judith Pfennig, besonders bei den Eltern schwierig, die als Freiberufler unregelmäßig verdienten. Ungefähr 25 Prozent der Antragsteller in ihrem Bezirk fielen in diese Kategorie, sagt Pfennig.

Währenddessen wurde in Neukölln die zweiwöchige Schließzeit genutzt, um den Stau abzuarbeiten. Rund zwei Drittel der seit Jahresbeginn eingegangen Anträge sind abgefertigt. "Wir waren ausreichend vorbereitet", sagt Stadtrat Thomas Blesing (SPD). Das Problem sei dadurch entstanden, dass die Mitarbeiter die Daten zunächst mit "Rechenschiebern und Excel-Tabellen" hätten ausrechnen müssen. Seit Juni ist die von der Bildungsverwaltung entwickelte Software im Einsatz.

Zur Erleichterung der Arbeit habe die allerdings auch nicht gleich beigetragen, sagt die Pankower Jugendamtschefin Pfennig: "Es gab keinen Zwischenspeicher, sodass Anträge nur am Stück bearbeitet werden konnten." Die Software sei im Moment nur bedingt brauchbar, weil bei jeder nachträglichen Korrektur alles manuell nachgerechnet werden müsse, bestätigt ein Mitarbeiter des Jugendamtes Charlottenburg-Wilmersdorf.

Dass es "Anpassungsschwierigkeiten" mit der vom Land finanzierten Software gegeben habe, räumt auch Kenneth Frisse, Sprecher der Bildungsverwaltung, ein. Die Ursache für die Probleme sieht Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) jedoch im Gesetz. Es könne nicht sein, so Zöllner, dass der Bund Gesetze so kompliziert gestalte, dass die Länder dafür mehr Personal zur Verfügung stellen oder die Antragsteller wochenlang auf ihr Geld warten müssten. Während Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) Zöllners Kritik zurückwies, meldete auch Bayern Kritik an den Berechnungsvorschriften an.

Dennoch kommen einige Bezirke mit dem neuen Gesetz klar. In Spandau würden 95 Prozent der Anträge bearbeitet, teilte Jugendstadträtin Ursula Meys mit. "Wir würden uns aber auch eine Vereinfachung des Systems wünschen, denn komplizierte Fälle beanspruchen bis zu vier Stunden Arbeitsaufwand."

Für die Eltern bedeutet das: abwarten. Die junge Mutter Uta Bielfeldt erhält seit der Geburt ihres Kindes im März nur die Hälfte des Elterngeldes, weil der Antragsteil ihres Mannes noch nicht im zuständigen Bezirksamt Pankow bearbeitet wurde. "Es ist schwierig, alle Unterlagen zusammenzusuchen, offenbar gibt es keine Regelung für den Fall, dass sich die Steuerklasse ändert, zum Beispiel durch eine Eheschließung." Obwohl sie das Elterngeld begrüße, habe sie nicht erwartet, dass es so kompliziert werden würde, so Bielfeldt. Als Anreiz zum Kinderkriegen funktioniert das Elterngeld trotz der Pannen: In den ersten drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar kamen 5 Prozent mehr Kinder zur Welt als im Vorjahreszeitraum - im Bundesschnitt waren es nur 0,4 Prozent.

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