Verwaltungsgerichts-Urteil: Spalier war rechtswidrig
Richter rügen Umfang, Art und Weise der polizeilichen Begleitung der Anti-Repressions-Demonstration vom Dezember 2007.
Die drastischen Polizei-Maßnahmen bei der Anti-Repression-Demonstration gegen den Terrorparagrafen 129a Strafgesetzbuch waren weitgehend rechtswidrig. Das hat das Hamburger Verwaltungsgericht in einem Urteil verkündet, das für die Polizeiführung einer Ohrfeige gleichkommt.
Obwohl der Demonstration vom Oberverwaltungsgericht eine Marschroute in die City gewährt worden war, mussten die Veranstalter den Marsch vom 15. Dezember 2007 am Millerntor abbrechen, nachdem eine Eutiner Spezialeinheit in die Demospitze gestürmt war.
Der Veranstaltungs-Anmelder Andreas Blechschmidt und sein Anwalt Marc Meyer waren vor dem Verwaltungsgericht besonders gegen drei Polizeimaßnahmen jenes Tages vorgegangen: Zum ersten war die Demonstration vor dem S-Bahnhof Sternschanze von der Polizei ohne Vorwarnung an die Demo-Leitung für 20 Minuten „aufgestoppt“ worden, um mit einem Zollstock ein vermeintlich zu langes Seitentransparent nachzumessen.
Zum zweiten sollte die „Hamburg-spezifische Auflage“ der Höchstlänge von 1,50 Meter für Seitentransparente versammlungsrechtlich unter die Lupe genommen werden.
Hauptpunkt des Verfahren war jedoch die „einschließende Begleitung“ (Polizeijargon) durch ein Spalier von Polizeikräften, die den Protestzug teilweise mehrreihig als Wanderkessel begleiteten.
An fünf langen Verhandlungstagen hat die Kammer um Richter Ulf-Henning Möker Ende Februar eine aufwendige Beweisaufnahme durchgeführt. Zahlreiche Zeugen und Beobachter wurden vernommen und Videomaterial gesichtet.
Die Polizeiführer vor Ort, Hartmut Dudde, begründete das Spalier von 1.000 Polizisten vor Gericht damit, dass ein „Abbiegen“ von der Marschroute verhindert werden sollte. Er räumte allerdings ein, dass das Spalier, dass von Gesamteinsatzleiter Peter Born angeordnet war, bei der „problematischen Kientel“ auf jeden Fall angewandt worden wäre.
Zudem hatte der Staatsschutz-Analytiker Dietrich Ott in seiner abstrakten Gefahrenprognose ohne konkrete Hinweise ein Horrorszenario von 1.000 gewaltbereiten Links-Autonomen und 2.000 „gewaltbereiten aktionistisch orientierten Teilnehmern“ prophezeit. Unter der Devise „Out of Control“ hatten Gruppen am Rande des Demonstrationszuges zu kreativen Aktionen aufgerufen.
Das Verwaltungsgericht rügte das Vorgehen der Polizei in allen drei Punkten und gab damit Kläger Blechschmidt recht. „Die Art und Weise der seitlichen Begleitung“ der Demonstration durch Polizisten über den gesamten Marschweg in durchgehenden Reihen auf beiden Seiten, „durch welche der Zugang zum und Abgang vom Aufzug für Teilnehmer deutlich erschwert und das Erscheinungsbild der Versammlung nicht unwesentlich bestimmt wurde“, sei rechtswidrig gewesen, so die Richter.
Anwalt Meyer zeigte sich zufrieden: Ein weiteres Mal habe das Verwaltungsgericht „das versammlungsfeindliche Verhalten der Polizei gegen eine Demonstration mit autonomer Beteiligung“ als rechtswidrig beurteilt, sagte der. Innensenator Neumann müsse nun „unbedingt darauf hinwirken, dass die Polizei die Entscheidungen beachtet und ihre Praxis entsprechend ändert“. Ob die Polizei Rechtsmittel einlegt, entscheidet sie nach der schriftlichen Urteilsbegründung.
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