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Verstoß gegen europäisches RechtHeatballs glühen zu sehr

Zwei Ingenieure aus dem Rheinland hatten versucht, mit "Heatballs" das Glühbirnenverbot zu umgehen. Jetzt klagen sie vor dem Verwaltungsgericht Aachen.

Heizen mit 100 Watt: Das glüht zu sehr, sagt das Gericht. Bild: dpa

KÖLN taz | Es war gedacht als witzige Protestaktion. Nun ist es ein Gerichtsfall. Streitgegenstand: 40.000 Glasbirnen mit Glühdraht und Metallgewinde. Nach der Definition der Bezirksregierung Köln ergibt das 40.000 "Glühlampen" à 75 bis 100 Watt. Deren Einfuhr hat die Europäische Union (EU) im September 2010 verboten.

Als "Kleinheizgeräte" möchten zwei Ingenieure aus dem Rheinland die Birnen verkaufen. Weil der Zoll die Ware konfisziert hat, klagen sie seit Dienstag in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen. Ohne Erfolg. Zumindest zunächst einmal.

Mit ihren "Heatballs" wollten die Ingenieure Rudolf Hannot und Siegfried Rotthäuser das Glühlampenverbot der EU in die Irre führen. Sie berufen sich dabei auf die künstlerische Freiheit. Ernst gemeint ist die Aktion aber schon. Alle 40.000 "Heatballs", die der Zoll beschlagnahmt hat, sind auf dem Papier bereits verkauft - für 1,69 Euro das Stück, erhältlich in matt und transparent. "Seit Ende 2010 warten mehr als 2.000 Kunden auf die Ware", sagt Rudolf Hannot.

Die Vorzüge der Heatballs liegen für Hannot auf der Hand: "In Passivhäusern können sie Heizkosten sparen. Wenn der Bewohner Ökostrom bezieht, sind sie sogar CO2-neutral." Die Brenndauer sei mit rund 2.000 Stunden etwa doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Birnen. Dass sie nur 5 Prozent ihrer Energie in Licht und den Rest in Wärme stecken, ist ihre wichtigste Funktion. Genau wegen dieses Missverhältnisses hat die EU jedoch ihr Verbot beschlossen.

"Purer Aktionismus"

Energiesparlampen setzen laut Umweltbundesamt rund 25 Prozent, also 5-mal so viel Strom in Licht um. Das spart Strom und Geld. Doch Hannot will von Energiesparlampen nichts hören: "Die gehen schnell kaputt und die Lichtfarbe ist auch nicht schön." Das Verbot der EU hält er für "puren Aktionismus". Beim Mittagessen hatten er und Mitinitiator Siegfried Rotthäuser vor gut zwei Jahren die Idee für die "Heatballs" als Satireaktion entwickelt, inklusive Webauftritt in Protest-Anmutung und Fanshop mit Kampagnen-Shirts. Die ersten der in Asien gefertigten 4.000 "Heatballs" waren innerhalb weniger Monate vergriffen. Nachdem Hannot und Rotthäuser weitere 40.000 importiert hatten, ging die Bezirksregierung dazwischen.

In einem Fachvortrag wollten Hannot und Mitinitiator Siegfried Rotthäuser das Verwaltungsgericht am Dienstag für die Freigabe der "Heatballs" erwärmen: ohne Erfolg. "Die Heatballs bleiben verboten", sagte ein Gerichtssprecher. Nun können Hannot und Rotthäuser vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Beschwerde einlegen.

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16 Kommentare

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  • O
    Ob10ne

    Die größte Energieverschwendung ist das Fernsehen! Warum verbietet man das nicht bevor man den Menschen das warme Licht nimmt???

  • L
    Lampion

    Wo bitte ist das Problem? Wer keine Glühbirnen verwenden mag, weil Energiesparlampen angeblich ganz furchtbar und Oh-Gott-oh-Gott sind (man beschäftige sich freilich mal intensiver erstens mit der Technik, zweitens mit der EU-Quecksilberstrategie, bevor man hier herumquängelt), kauft sich halt Eco-Halogenglühlampen. Halten länger, verbrauchen sogar ein bissel weniger Strom und werden sogar noch heißer als herkömmliches Glühobst. Und wer meint, Glühbirnen als Heizungen in Verkehr bringen zu müssen, weil ach ein so arger Schelm ist, soll sie halt schwarz anmalen. Dann geben sie kein Licht ab und heizen nur noch. Und sind dann auch erlaubt. Ansonsten verreist man halt ab und zu ins EU-Ausland, z.B. nach Norwegen, die verplempern so viel Wasserkraftstrom, dass es ihnen grad egal ist mit dem Energiesparen.

  • V
    Verbietnix

    Das Glühbirnenverbot ist mindestens so krank wie das rigorose Verbot von Nachtspeicherheizungen bis 2018. Viele bauen sich stattdessen eine altbackene Gasheizung ein.

    Ich nehme an, dass ab 2018 genügend regenerative Energien zur Verfügung stehen werden damit der Betrieb solcher Heizungen wieder ökologisch tragbar ist. Wenn mir ein Windrad die Heizung auflädt (wenn auch ineffizient) wird dabei kein CO2 frei.

    Eine Ausnahme des Nachtspeicherheizungsverbots, wenn ein Ökotarif nachgewiesen werden kann, ist im Gesetz natürlich nicht vorgesehen. Die Kosten ein Haus mal eben nachträglich mit einer Zentralheizung auszustatten sind gewaltig. Schon jetzt wäre eine Auflage für Stromheizer einen Ökotarif nutzen zu müssen natürlich traumhaft aber mit der Regierung nicht zu machen. Die meisten Stromheizerkunden müssen einen speziellen Nachtstromtarif von RWE nutzen.

  • P
    P.Haller

    So ne typische Idee, welche zwangsläufig nach dem X-ten Kölsch in die Birne springt !

    Die Rheinländer sind schon ein lustiges Völkchen.

    Höchste Zeit, dass die Karnevalszeit wieder beginnt.

  • H
    Heatballschnecke

    Seltsam:

     

    Glühbirnen verbieten, aber spritschluckende Autos sind erlaubt.

     

    Da sieht man daß die Entscheidungsträger keine Kompetenz haben.

  • S
    Schmid

    Da sieht mans doch mal wieder das wir in einem dummen Staat leben leben. EU verbietet und der deutsche Zoll haelt alles auf. Aber bei den Steuermillionaren da sind die Beamten faul. Liebe Ingeniuere vergesst die EU wandert aus und verkauft es wo anders...Macht euer Geld im Ausland nicht in Deutschland..gelle Frau Merkel..Ach was gehts unserm Ackermann so gut..

  • N
    nachbar

    Großartige Idee!

    Weiter so, die Bürokratie ist mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen.

     

    Gruß vom nachbar

  • I
    Ingo

    EU-Diktatur!!

  • RM
    Reinhard Martin

    Es kommt wie es in einem Land der Schizophrenen kommen mußte: Verbot bleibt Verbot

    Das ist der Vorzug von Diktaturen: Man kann unbergründet alles verbieten!

    DDR 2.0

  • K
    Klardenker

    Sogenannte Energiesparlampen sparen keine Energie. Vielmehr sind sie in der Herstellung aufwändiger als normale Glühlampen und in der Summe des Energieaufwandes hungriger als normale Glühbirnen. Zusätzlich sind Energiesparlampen reines Gift, sie enthalten Quecksilber (warum wurde das wohl bei Fieberthermometern verboten?) und geben im Betrieb einen giftigen Dampf ab.

    Die EU ist kein Völkerbund, sondern eine Vereinbarung unter Herrschenden. Ein EU-Volk gibt es faktisch nicht. Der Lissabon-Vertrag ist ein Vertrag zwischen NGOs, mit Sicherheit ist er keine Verfassung. Die Deutsche Sprache ist schon super, auch wenn die Dichter und Denker ausgestorben sind. Das Grundgesetz der BRD ist ebenfalls keine Verfassung.

    Wenn ich Mittel hätte, würde ich an der Stelle der Beklagten beim Verwaltungsgericht den Richter einfach nach der Juristition fragen und ob er seinen Status als Richter gemäß §101 (Recht auf gesetzlicher Richter) belegen kann. Wenn nicht, ist die Sache innerhalb von 10 Minuten gelaufen und dann würde ich mit den umweltschonenden Wolframdrähten Reibach machen.

    Das Grundgesetz? Interessiert mich nicht. Die EU? Interessiert mich nicht. - Mich interessieren nur Menschenrechte, Respekt, Moral und Ethik. Meine Freiheit hört da auf wo die eines anderen beginnt.

    Bei sogenannten Ordnungswidrigkeiten zahle ich keinen Cent. Seit Jahren, bis heute erfolgreich. Es kommt ja auch niemand zu Schaden, wenn ich falsch parke, aber die Parkplätze sind alle schon finanziert worden über Steuergelder. Wer will da noch was von mir? Komisch. Ich rate jedem sogar dazu, irgendwelche Verwarngelder auf keinen Fall zu überweisen, denn die Zusammenarbeit mit einer Organisation, die die Finanzen für Kriegstreiberei und Waffengeschäfte benutzt und andere Länder mit sogenannten Rettungsschirmen illegal(!) unterstützt, also Steuergelder und Gebühren faktisch *veruntreut*, die Zusammenarbeit mit so einer Organisation (BRD) könnte strafbar sein!

  • PS
    Peter Sumerauer

    Mit der Argumentation müßte man auch Toaster, Heizlüfter und Haartrockner verbieten.

  • PB
    P.U. Baer

    Das Glühlampen- bzw. Heatballverbot ist wirklich eine der widerlichsten Bevormundungen der Bürger durch die EU. Sie wäre allenfalls akzeptabel, wenn im gleichen Schritt z.B. Spritschleuder-Autos verboten worden wären. Ansonsten hätte ggfs. eine Extra-Steuer oder Hinweise zu einem verantwortlichen Umgang genügt.

     

    Es ist z.B. absurd, daß ich nun für eine hochbetagte Dame keine passenden Spezialglühlampen für den Badezimmerschrank mehr bekomme. Es ist völlig idiotisch in einer Abstellkammer, in der das Licht nur sehr kurz aber dann sofoert benötigt wird, keine geeignete klassische Glühlampe einschrauben darf.

     

    Und wer ein gewisses Farbempfinden hat, möge mal den Selbstversuch machen: Eine private Gesprächsrunde zunächst mit Energiesparlampen beleuchten und dann zu klassischen Glühlampen wechseln. Dann bitte auf den Stimmungswechsel achten.

     

    Hallo EU, Aufklärung ist besser als Verbote. Es gibt für jeden Zweck die passende Beleuchtung - solange auch Glühlampen das ganze Spektrum bereichern.

  • F
    FMH

    Das ist der Umweltschutz der EU: Die CO2-Richtlinien einhalten indem man Halden mit gefährlichen Quecksilberabfällen füllt und die Bürger dazu zwingt unausgereifte, relativ schlecht funktionierende Leuchtmittel, die bei betrieb giftige Stoffe abgeben. Das war eine großartige Lobbyaktion von Osram und Co.

  • D
    Demokrat

    Das ist halt typisch in der EUdSSR. Man entscheidet mal wieder gegen den Volkswillen. Ich warte auch noch die Heizer.

  • CR
    Cart Rudo

    Ich hoffe, dass die beiden Einspruch einlegen und damit Erfolg haben.

    Mit dem Glühlampenverbot werden lediglich die Interessen von Konzernen bedient und der Bürger gezwungen, sich quecksilberhaltigen Sondermüll ins Haus zu holen.

    Nur 2% des Stromverbrauchs gehen auf das Konto "Beleuchtung".

    Und das Umweltschutz sein?

     

    Cart

  • M
    Micha

    Schade, aber das Argument, dass Glühbirnen ideale Heizsysteme für Passivhäuser sind, ist eigendlich richtig gut. Wenn der Passivhausbesitzer einen sparsamen neuen Fernseher hat und ein iPad statt Computer nutzt fehlem ihm ein paar Watt Abwärme aus elektrischen Geräten.