Versorgungsgesetz der Bundesregierung: "Mechanismen für Intransparenz"
Im Versorgungsstrukturgesetz geht es kaum um Landärzte, kritisiert der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe. Es gehe vor allem um höhere Honorare für die Ärzte.
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taz: Herr Terpe, hilft das nun vorgelegte Versorgungsgesetz gegen den Ärztemangel auf dem Land?
Harald Terpe: Nein, dagegen hilft es kaum. Darum geht es in dem Gesetz so gut wie gar nicht.
Worum geht es denn?
Im Gesetz geht es in großen Passagen um höhere Honorarleistungen für die Ärzte, nicht um die Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land.
Die Regierung sagt, dass das Gesetz den Ärztemangel auf dem Land beheben helfen soll.
Das stimmt nur sehr eingeschränkt.
Aber das wäre doch wichtig.
Auf jeden Fall. Wir müssen den Ärztemangel auf dem Land dringend beheben. Man braucht dafür einen ganzen Strauß an Dingen. Man muss beispielsweise für die Lebenssituation der Ärzte etwas tun. Es muss genügend Schulen geben, so dass Familien die Entscheidung für einen Umzug aufs Land leichter gemacht wird. Auch brauchen wir finanzielle Anreize, um Mediziner in strukturschwache Regionen zu holen. Teilweise wird das in dem nun vorgelegten Gesetz berücksichtigt. Allerdings nicht kostenneutral.
Das bedeutet?
Die Kosten, die entstehen, könnte man mit Überschüssen aus den überversorgten Gebieten decken. Das macht man aber nicht. Stattdessen wird es erhebliche Zusatzkosten für die Versicherten geben.
Also höhere Beiträge?
Wie genau das aussehen wird, ist unklar. Wir rechnen mit Kostensteigerungen ohne gleichzeitige Qualitätsverbesserungen. Das darf nicht sein.
Wäre die Angleichung der Honorare für die Behandlung privat und gesetzlich Versicherter eine Lösung?
Wir wollen eine Bürgerversicherung - damit gäbe es keinen Unterschied mehr und deshalb auch keine Gerechtigkeitslücken in der Krankenversicherung. Alle Bürger würden einbezogen werden, also auch Selbstständige oder Beamte - und alle Einkommensarten. Wenn die Regierung diesen großen Schritt aber nicht gehen will, dann muss sie die finanziellen Ausgaben in unterversorgten Gebieten durch Mehreinnahmen in den überversorgten Gebieten decken. So kämen für die Versicherten wenigstens keine Zusatzkosten auf. Das Versorgungsgesetz schafft neue Mechanismen für mehr Intransparenz. Stattdessen hätte auf mehr Qualität gesetzt werden müssen.
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