Verseuchtes Atommülllager: Lauge strahlt schon seit 60er-Jahren

Im niedersächsischen Lager Asse wurde von Anfang an eine zu hohe Tritiumkonzentration festgestellt. Der Betrieb hätte schon vor 30 Jahren eingestellt werden müssen.

Der Betreiber der Asse, das heutige Helmholtz Zentrum München (HMGU), hat jahrelang gelogen und getrogen. Bild: ap

HANNOVER taz | Im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse hat es von Anfang Probleme mit radioaktiv kontaminierten Laugen gegeben. Bereits zu Beginn der Einlagerung von Atommüllfässern in den Jahren 1967 und 1968 wurden in Laugenproben aus dem Bergwerk Tritiumkonzentrationen bis zu 3.000 Becquerel pro Liter gemessen. Das geht aus einem 15 Jahre alten offiziellen Bericht über Laugenkontaminationen in der Asse hervor, den Greenpeace jetzt veröffentlicht hat.

Es sei "unfassbar, dass die Einlagerung von Strahlenmüll in die Asse nicht gleich zu Beginn gestoppt wurde", kritisierte Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer am Sonntag in Hamburg. In das ehemalige Salzbergwerk wurden von 1967 bis 1978 rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelaktivem Atommüll eingelagert. Die Tritiumkonzentration in den Laugen, von denen man auf der 750- und der 775-Meter-Sohle des Bergwerks Proben nahm, stieg nach dem Bericht des damaligen Asse-Betreibers, der Gesellschaft für Strahlenforschung (GfS), bis 1977 auf 12.000 Becquerel an.

In den Jahren 1987 und 1988 wurden dann in 750 Meter Tiefe in eigens für das Auffangen der Lauge angelegten Bohrlöchern sogar 2 bis 4 Megabecquerel pro Liter (MBq/l) gemessen, also 2 bis 4 Millionen Becquerel pro Liter. Damit lag die Tritium-Belastung über dem Freigabewert der Strahlenschutzverordnung; die mit Tritium belasteten Grubenabwässer hatten rechtlich selbst als Atommüll gelten müssen.

Der im vergangenem Jahr veröffentlichte Statusbericht des niedersächsischen Umweltministeriums, bei der die Kontamination von Laugen im Mittelpunkt stand, ging nur am Rande auf die Probleme mit Tritium ein: Die Messergebnisse für Tritium ergaben, dass die damals geltende Freigrenze überschritten war, heißt es lediglich in dem Bericht vom Umweltminister Heinrich Sander (FDP). Greenpeace forderte vor diesem Hintergrund den noch einzusetzenden Untersuchungsausschuss auf, sich mit diesem Thema und der Informationspolitik des Ministeriums zu beschäftigen. Der niedersächsische Landtag wird voraussichtlich noch im Juni die Einsetzung des Ausschusses beschließen.

"Wenn sich unsere Vermutungen bewahrheiten, dass der niedersächsische Umweltminister Sander Informationen verschwiegen hat und er sich gegen den Asse-Untersuchungsausschuss und damit gegen eine umfassende Aufklärung des Asse-Skandals gesperrt hat, müssen jetzt schnell Konsequenzen gezogen werden", sagt Münchmeyer und fordert den Rücktritt Sanders.

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