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■ Verschiebungen bei den italienischen KommunalwahlenPyrrhussieg der Neofaschisten?

Der unglücklichste Politiker nach den italienischen Teil-Gemeinde- und Regionalwahlen ist ausgerechnet der Mann, der den spektakulärsten Erfolg zu verzeichnen hat: Während man auf der Linken Gewinne erwartete – die noch übertroffen wurden – und auch dem äußersten Rand der KP-Nostalgiker um die „Rifondazione comunista“ deutliche Zuwächse prognostiziert hatte, holte Gianfranco Finis „Nationale Allianz“ ganz überraschend Berlusconis „Forza Italia“ nicht nur ein, sondern überflügelte sie stellenweise noch weit. Und genau das ist nun das Problem der Rechtsextremisten.

Erstens kann Berlusconi es persönlich ganz und gar nicht hinnehmen, daß er nun plötzlich vom Chef des „Movimento sociale/Destra nazionale“ (MSI/DN) abhängig sein soll. Zweitens hat Fini aber auch gerade sein wichtigstes Ziel verfehlt, nämlich die ständig gegen ihn wetternde „Liga Nord“ kleinzukriegen. Und drittens wird nun der Druck sowohl seitens des Staatspräsidenten wie der Partnerländer Italiens, aber auch des gemäßigten Flügels der „Forza Italia“ auf den Regierungschef immer stärker, sich neue Allianzen unter Ausgrenzung der Neofaschisten zu suchen.

Zerplatzt ist damit Finis schöner Plan, nach der Auflösung der mit dem Ruch der Schlägertruppen belasteten MSI und der Präsentation der „Nationalen Allianz“ als demokratisierter Rechter Berlusconi als Regierungsschef zu beerben.

Die Gefahr des Hinauswurfs wird die sowieso schon große Nervosität in Finis Partei noch mehr verstärken, und das kann böse Folgen für ganz Italien haben. Denn anders als die Linken, die sich in der Vergangenheit auch noch so große Wahlerfolge durch Intrigen oder vage Versprechen wieder haben abnehmen lassen, waren die Rechten nie gewillt, errungene Machtpositionen wieder zu räumen. Die bürgerkriegsähnlichen Unruhen mit täglichen Straßenschlachten im Italien der frühen siebziger Jahre, als die MSI in manchen Regionen auf weit über zwölf Prozent kam, sind ein beredtes Zeugnis dafür.

Links- und Christdemokraten, die derzeit Berlusconi von Fini wegzulocken versuchen, sollten sich darüber klar sein, daß sie sich bei einer eventuellen Regierungsbildung vor allem Gedanken darüber machen müssen, wie man die Neofaschisten wieder unter Kontrolle bekommt. Werner Raith, Rom

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