Versammlungsrecht in Russland verschärft: Das Demonstrationsrecht als teures Gut
Schwere Geldstrafen drohen oppositionellen Demonstranten künftig in Russland. Präsident Putin hat ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet und wird dafür kritisiert.
MOSKAU dpa | Vor neuen Massenprotesten in Russland hat Präsident Wladimir Putin die umstrittene Verschärfung des neuen Versammlungsgesetzes unterzeichnet. Das Regelwerk enthält erstmals drakonische Geldstrafen für Verstöße bei Demonstrationen. Das Gesetz beinhalte keine übermäßig harte Position und sei ähnlich wie in anderen Ländern Europas formuliert, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax am Freitag.
Menschenrechtler und Oppositionelle kritisierten das Dokument als verfassungsfeindlich und als endgültigen Schritt in den Polizeistaat. Sie hatten vor Putins Rückkehr als Kremlchef am 7. Mai immer wieder vor einem Anziehen der politischen Daumenschrauben gewarnt. Der Moskauer Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow kritisierte die Unterzeichnung als „Fehler“.
Die Opposition will bei einer neuen Anti-Putin-Kundgebung an diesem Dienstag (12. Juni) 50 000 Menschen auf die Straße bringen. Bei den beispiellosen Protesten gegen Putin war es zuletzt auch zu Massenfestnahmen und blutigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Das soll das Gesetz künftig verhindern.
Die russischen Bürger sollten das Recht haben, frei ihre Meinung zu äußern, sagte Putin vor Richtern in der Stadt St. Petersburg. Dies dürfe aber nicht zulasten anderer geschehen, die vor radikalen Kräften geschützt werden müssten. „Alles sollte auf eine solche Weise organisiert werden, dass andere Bürger, die an diesen Aktionen nicht teilnehmen, keinen Schaden erleiden“, begründete der Präsident seine Zustimmung.
Änderungen nicht ausgeschlossen
Putin verlangte von den Gerichten, das neue Gesetz zu analysieren und schloss mögliche Änderungen durch die Staatsduma später nicht aus. Außerdem unterzeichnete er nach Kremlangaben einen Erlass über die Erhöhung der Richtereinkommen um sechs Prozent.
Der vom Kreml selbst eingesetzte Menschenrechtsrat hatte Putin zu einem Veto gegen das Papier aufgefordert, nachdem es kurz zuvor die Staatsduma und die Senatoren im Föderationsrat verabschiedet hatten. Mit der Veröffentlichung an diesem Samstag tritt es endgültig in Kraft, wie ein Sprecher Putins sagte.
Das Regelwerk verletze die Verfassung, weil es das Recht auf friedliche Demonstrationen missachte und Kremlgegner kriminalisiere, teilte der Vorsitzende des Menschenrechtsrats, Michail Fedotow, mit. Das Expertengremium kritisierte in einem im Internet veröffentlichten Gutachten, dass das verschärfte Versammlungsgesetz auch dem Strafgesetzbuch sowie zahlreichen anderen Regelwerken widerspreche.
Mehrere Mitglieder hatten Putins Menschenrechtsrat aus Protest verlassen. Darunter ist der prominente Politologe Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitung „Russland in der globalen Politik“ („Rossija w globalnoi politike“). Die Zahl sank von ursprünglich 38 auf noch höchstens 27 Experten am Freitag.
Verstoß gegen den Menschenverstand
Der auch für die Entwicklung der russischen Zivilgesellschaft zuständige Rat kritisierte, dass das Gesetz gegen den gesunden Menschenverstand verstoße. Es öffne der Willkür durch Behörden sowie der Gewalt durch Sicherheitskräfte Tür und Tor, hieß es in einer in Moskau veröffentlichten Erklärung. Das Regelwerk könne zudem leicht durch Gerichte missbraucht werden, um Andersdenkende einzuschüchtern.
Die Neuregelung steht vor allem wegen hoher Geldstrafen für Verstöße bei Demonstrationen in der Kritik. Die Höchststrafe für einfache Bürger liegt demnach bei 300 000 Rubel. Das sind umgerechnet mehr als 7000 Euro und damit 150 Mal so viel wie bisher. Experten bemängeln auch, dass die extrem hohen Bußen deutlich über denjenigen liegen, die für ähnliche Vergehen in anderen russischen Gesetzen festgelegt sind.
Leser*innenkommentare
GWeiter
Gast
Bei Dir hat man das Gefühl, dass Du vom FSB finanziert wirst, GWalter... oder vom Guoanbu...
hendrix
Gast
Das Problem an diesem Gesetz sind nicht nur die drakonischen Geldstrafen, sondern auch die bewusste Schwammigkeit der Formulierungen. Dies laeuft letztlich auf gerichtliche Entscheide hinaus: da es in Russland kein unabhaengiges Gerichtswesen gibt und die "Gerichte" nur Erfuellungsgehilfen der Machthaber sind, duerfte das Ergebnis fuer die Demonstranten wenig erbaulich sein.
Bezeichnend auch die Eile, mit der das Gesetz durchgepeitscht wurde. Nach der Empörung in der russischen Oeffentlichkeit bei der Verabschiedung in der Duma, erklaerte Putin, er wolle vor seiner Unterschrift das Gesetz sorgfaeltig pruefen:-)) Kaum war er aus China zurueck unterschrieb er es innerhalb weniger Stunden! Und das obwohl sein eigener Menschenrechtsrat es als verfassungsfeindlich bezeichnet und ihm dringend von der Unterschrift abgeraten hat. Und in der Tat: Die Zeit eilt, denn am 12. Juni startet schon die neachste Anti-Putin- Demo.
Russland wird zusehends zum Polizeistaat. Das wird den Untergang des Putin-Regimes nur beschleunigen.
Benz
Gast
Es ist richtig, dass den illegalen Demos mit marktwirtschaftlichen Mitteln begegnet wird. Verhaftungen und die bisher üblichen kurzen Haftstrafen kosten nur und zeigen wenig Wirkung, im Gegenteil, nach 15 Tagen Haft stellte sich so mancher Revolutionär als Märtyrer dar.
Geldbussen werden da sehr viel wirksamer sein. Umso mehr als viele Revolutionäre aus finanziellen Motiven Demos organisieren und daran teilnehmen. Es gibt in RU unzählige Fonds und NGOs, die für solche Zwecke Geld bereitstellen und die Revolutionäre gut bezahlen.
Im übrigen sind ja die maximal möglichen Bussen für Beamte auch erhöht worden und sind jetzt doppelt so hoch wie für einfache Bürger. Von Repression also keine Spur.
GWalter
Gast
von GWalter:
Schuß ging nach hinten los
Irgendwann muss ja wieder mal Ruhe einkehren in Russland.
Und Einsicht dazu war leider in der "Opposition, sprich CIA Agenten" nicht zu erwarten.
Statt Umsturz bekam der CIA nun mehr Repression....richtig so !!!!!
GWalter
Gast
9000000 Rubel - das zahlt das US-Außenministerium doch aus der Portokasse an die Demonstranten und legt noch ein Paar Millionen Dollar für tschetschenischen Bombenleger ober drauf.
So schützt sich der russiche Staat vor gezielten Provokationen, die von einer bezahlten Opposition eingerührt werden.
Richtig so, Putin!
GWalter
Gast
Wer selbst im Glashaus sitzt......
mit anderen Worten, das Russische DEMO-Recht ist genau so scharf wie die Westlichen !!!
Österreichisches
Versammlungsgesetz
§ 17.
Bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit
ist jedoch auch jede andere Behörde, die für deren
Aufrechterhaltung zu sorgen hat, berechtigt, eine Versammlung, die
gegen die Vorschriften dieses Gesetzes veranstaltet oder abgehalten
wird, zu untersagen oder aufzulösen, wovon die nach § 16
zuständige Behörde immer sogleich zu verständigen ist.
§ 19.
Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine
Strafgesetz keine Anwendung findet, von der
Bezirksverwaltungsbehörde, im Amtsgebiet einer Bundespolizeibehörde
aber von dieser Behörde, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit
Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.
§ 19a. Wer an einer Versammlung
entgegen dem Verbot des § 9 Abs. 1 teilnimmt und bewaffnet
ist oder andere Gegenstände gemäß § 9a bei sich hat, wird
vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit
Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, im Wiederholungsfall mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen bestraft.
marie
Gast
putin ist ein gnadenloser diktator,er sollte hinter gitter.mit ihm wird es nie eine demokratie in russland geben.