■ Schöner leben: Verpuppt, verpappt
SCHÖNER LEBEN
Verpuppt, verpappt
Es gibt Dinge, die werden uns ewig verschlossen bleiben, zum Beispiel die Zahnbürsten in ihren Klarsichtschächtelchen mit rundum reiß-, beiß-, kratz-, zerr-, nage-, ritz- und ratzfester Plastikfolie drum rum. Man kann beliebig fitzeln oder auch futzeln, brüllen oder auch mit den Augen rollen, auf die Folie macht es keinerlei Eindruck. Sie hält der Zudringlichkeit unbedingt stand. Ich persönlich werfe diese Schächtelchen inzwischen auf den Boden und zertrete sie; das bringt immerhin fast jede dritte von mir gekaufte Zahnbürste unversehrt in meine Gewalt. Aber was sind schon Siege über Zahnbürstenschächtelchen, wenn man einen Zehnerpack doppelt eingeschweißter Tonkassetten vor sich hat.
Ich kenne Menschen, die haben kaum noch Nägel an den Fingerstümpfen, mir aber wollen sie Wunderdinge ins Ohr flüstern über Feinmechanikersägen, Rasierklingen, Feuerzeuge oder Einwegspritzen mit schwachprozentiger Salzsäure. Ich kann da nur lachen und weinen zugleich: Wie nichtig das doch alles wird, wie klein und wie zuschanden, wenn man sich den doppelt eingeschweißten Tonkassetten nähert.
Diese erst lehren uns vollends, was Demut ist und Ehrerbietung vor der Kantischen Ware an sich. Hat man ihnen nach langem schweren Schaben endlich die Außenhaut über die Ohren gezogen, so fallen einem zehn noch einmal und abermals aufs Unbezwinglichste verpuppte und verpappte Einzelschächtelchen entgegen, und der Mensch geht hin und reißt sich die Brust auf und schreit zum Himmel. Manfred Dworschak
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