hamburg heute : „Verlierer und Gewinner“
Das Frauenfriedensprojekt SEKA stellt in Altona-Nord seine Arbeit im Kosovo vor
taz: Frau Müller, worum geht es bei der heutigen Podiumsdiskussion?
Gabriele Müller: Es geht darum, was die Erlebnisse eines Krieges mit der Psyche anrichten. Wir wollen zum einen über die komplexe Wirkungsweise individueller und kollektiver Traumata diskutieren. Zum anderen werden wir unsere Arbeit in Goražde, Bosnien-Herzegowina erläutern.
Was bedeutet eine Traumatisierung für die Betroffenen?
Die Betroffenen haben Mühe im Hier und Jetzt zu leben. Einerseits versuchen sie zu verdrängen, gleichzeitig sind sie überflutet von massiven Bildern und Gefühlen, die sie nicht kontrollieren können.
Eine der Teilnehmerinnen ist Ute Scheub, deren Vater sich auf dem evangelischen Kirchentag 1969 mit Zyankali tötete. Gibt es Parallelen zwischen Bosnien-Herzegowina heute und dem Deutschland damals?
In Deutschland gab es klare Verlierer und Gewinner. Es gab Sicherheiten, die man in Bosnien-Herzegowina nicht hat. Die für den Krieg Verantwortlichen blockieren die Demokratisierung weiterhin. Es gibt ein bosnisches Sprichwort, das die Lage treffend beschreibt: „Wenn dich einmal eine Schlange beißt, dann hast du Angst vor einer Eidechse.“
Ist Ihre Arbeit unter solchen Verhältnissen nicht Sisyphusarbeit?
Jein. Denn die Hoffnung ist, dass die therapeutische Arbeit den Menschen hilft, Propaganda zu durchschauen.
Interview: THOMAS EWALD
19.30 Uhr, Bürgertreff Altona-Nord, Gefionstraße 3; Eintritt frei
GABRIELE MÜLLER ist Projektleiterin bei SEKA.