Verleihung des Alternativen Nobelpreises: Vier ausgezeichnete Männer
2013 werden nur Männer geehrt. Sie kämpfen gegen Chemiewaffen, Menschenrechtsverletzungen, Vergewaltigung – und Schädlinge.
STOCKHOLM taz | Der Alternative Nobelpreis zeichnet in diesem Jahr den Kampf gegen Chemiewaffen und den mutigen Einsatz für Vergewaltigungsopfer im Kongo aus. Der US-Amerikaner Paul Walker bekommt den Preis als „einer der effektivsten Wegbereiter für die Abschaffung von Chemiewaffen“, wie die Right-Livelihood-Award-Stiftung am Donnerstag in Stockholm verkündete.
Weitere Preisträger sind der Schweizer Agrarforscher Hans R. Herren und der palästinensische Anwalt und Menschenrechtler Radschi Surani. Die Auszeichnungen sind mit je 57.000 Euro dotiert.
Sein Leben lang hat Paul Walker (67) an der Beseitigung nuklearer, chemischer und biologischer Waffen gearbeitet. Er spielte eine Schlüsselrolle bei der Entsorgung von 55.000 Tonnen chemischer Waffen, aber auch Dutzender nuklearer U-Boote und Hunderter Atomwaffen und ihrer Trägersysteme.
Erst als Mitarbeiter bei der US-Waffenkontroll- und Abrüstungsagentur, dann während seiner Tätigkeit im Streitkräfteausschuss des US-Repräsentantenhauses, wo er an der Organisation und Umsetzung der Nunn-Lugar-Initiative zur Vernichtung potenzieller Massenvernichtungswaffen der ehemaligen Sowjetunion gearbeitet hatte. Schließlich im Rahmen seiner Arbeit für die von Gorbatschow gegründeten Umweltschutzorganisation Grünes Kreuz, dessen Programmdirektor der Friedensforscher ist.
Kriege und ihre Grausamkeiten
Um Kriege und ihre grausamen Begleiterscheinungen geht es auch bei einem weiteren der diesjährigen Preisträger. Denis Mukwege, ein kongolesischer Gynäkologe, hat sich darauf spezialisiert hat, Frauen zu behandeln, die Opfer von Vergewaltigungen und sexualisierter Gewalt wurden. Mit Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen hatte er 1999 das Panzi-Hospital in Bukavu, der Hauptstadt der im Osten der Demokratischen Republik Kongo gelegenen Provinz Süd-Kivu, aufgebaut.
Hier hat er zusammen mit seinen KollegInnen mittlerweile über 40.000 Vergewaltigungsopfer betreut: Frauen und Mädchen teilweise schwer verletzt durch Schüsse oder Messerstiche in den Unterleib, HIV-infiziert, mit zerstörten Geschlechtsorganen. Und die neueste Entwicklung sei, berichtet er, dass die Opfer immer jünger würden. Nun bekomme er auch kleine Mädchen, nicht älter als fünf Jahre, auf den Operationstisch.
Der palästinensische Rechtsanwalt Raji Sourani ist Gründer der Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte und Präsident der Arabischen Organisation für Menschenrechte. 1977 eröffnete er eine Anwaltskanzlei und spezialisierte sich auf Fälle von Menschenrechtsverletzungen und die Vertretung palästinensischer Mandanten vor israelischen Militärgerichten. Er wurde mehrfach verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Die Schmierlaus mit der Wespe bekämpft
Das Interesse für Schädlingsbekämpfung wurde bei dem 1947 geborenen Agrarwissenschaftler Hans R. Herren geweckt, als er auf dem elterlichen Hof die negativen Folgen des Einsatzes von Herbiziden und Pestiziden erlebte. Er promovierte über biologische Schädlingsbekämpfung und wirkte ab 1979 am Institut für tropische Landwirtschaft in Nigeria.
Hier baute er das größte biologische Schädlingsbekämpfungsprogramm der Welt auf. Die Schmierlaus, ein nach Afrika eingeschleppter Schädling der Maniokwurzel, bekämpfte Herren mit einer parasitäre Wespe aus Paraguay. So stellte er ein natürliches Gleichgewicht zwischen dem Schädling und seinem Feind her.
Inzwischen hat die Right-Livelihood-Stiftung insgesamt 153 Preisträger aus 64 Ländern geehrt. Die Preise werden am 2. Dezember im schwedischen Reichstag überreicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden