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Verleger über "Ehrenmord"-Roman"Provokation ist zu billig"

Verleger Felix Droste weigert sich, den Roman "Wem Ehre gebührt" über "Ehrenmord" zu publizieren. Mit uns spricht er über die Gründe für diese Entscheidung.

Cigdem Akyol
Interview von Cigdem Akyol

taz: Herr Droste, Sie haben den Roman "Wem Ehre gebührt" aus dem Verlagsprogramm zurückgezogen. Warum?

Felix Droste: Wir sind ein Verlag, der seit drei Generationen kritische und aufklärerische Bücher veröffentlicht. Ein Krimi, der den Islam diffamiert und ausländerfeindliche Passagen enthält, passt nicht zu uns. Ich verlege keine Bücher, die die Gefühle von Mitbürgern verletzen. Und der puren Provokation wegen ist mir das zu billig.

Handelt es sich dabei zum Beispiel um die Textstelle "Schiebt euch euren Koran doch …", welche die Autorin auf Ihren Wunsch nicht ändern wollte?

Bild: privat
Im Interview: 

Felix Droste, 46, geboren in Düsseldorf, absolvierte eine Verlagslehre und studierte Volkswirtschaft. Seit 2002 leitet er als Geschäftsführer den Familienverlag Droste.

Unter anderem. Aber das Manuskript war in einigen Passagen ausländerfeindlich, es läuft einem kalt den Rücken herunter, wenn man es liest.

Es handelt sich um fiktive Dialoge in einer fiktiven Geschichte, die nicht die Meinung der Autorin oder des Verlags wiedergeben müssen.

Ich weiß nicht, wer der geistige Vater von Frau Brinkmann ist, der ist aber nicht rücksichtsvoll gegenüber Minderheiten. Auch wenn es sich um einen Roman handelt, sollten die religiösen Gefühle von Mitbürgern in unserem Land nicht verletzt werden.

Sie wussten doch vorher, was für ein Werk Sie bestellt haben.

Ich habe einen sachlichen Regionalkrimi eingekauft. Es landete aber ein mittelprächtiger Roman bei mir, an dem ohnehin noch stark gearbeitet werden musste. Ich habe mir mit Frau Brinkmann große Mühe gegeben, da wir seit Jahren zusammenarbeiten. Doch sie hat bei den Änderungswünschen unseres Fachlektorats auf stur geschaltet. Jetzt führt sie die Medien an der Nase herum, stilisiert sich als ein Opfer. Sie macht einen auf harmlos - völlig zu Unrecht. Wer ihr Manuskript liest, bekommt ein ganz anderes Bild von ihr.

Angenommen, es hätte sich bei den entsprechenden Textpassagen um ein anderes, religiöses Buch gehandelt. Hätte Sie das Gleiche getan?

Ja, in meinem Programm gibt es keine Bücher, welche Glaubensgemeinschaften anschwärzen. Unser Verlag hat eine lange Tradition, und die sieht vor, dass wir keine Religion beleidigen, sei es nun Christentum, Islam oder Judentum. Deswegen würde ich immer wieder so handeln.

Die Autorin nennt es einen "Skandal, dass ein Verleger bei so etwas den Schwanz einzieht. Das ist vorauseilender Gehorsam." Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?

Frau Brinkmanns Anmerkungen sind sexistisch. Wenn ich Rücksicht auf meine Mitmenschen nehme, dann halte ich das für zutiefst ehrenwert und demokratisch. In einer Zeit zunehmender Ausländerfeindlichkeit und Angst vor dem Islam müssen wir doch behutsam miteinander umgehen. Es wäre ein Skandal, wenn dieses Buch in meinem Verlag erschienen wäre. Aber skandalöser finde ich den Medien-Tsunami, der über uns hereingebrochen ist.

Warum?

Alle haben über uns geschrieben, kaum einer mit uns gesprochen. Vor einigen Jahre hätte niemand Frau Brinkmann zugehört, jetzt lassen sich alle von ihr instrumentalisieren. Vor allem Spiegel-Online hat diese Lawine losgetreten. Es ist eigentlich eine Spiegel-Online-Welle, die uns überrollt hat.

Sie haben den Roman zurückgezogen, weil sie Angst vor Islamisten haben. Bislang sind weder Verlag noch Autorin von irgendjemand bedroht worden.

Jetzt schon. Es häufen sich die Beschimpfungen aus der rechten Szene, wir haben Morddrohungen erhalten und mussten die Polizei einschalten.

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9 Kommentare

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  • P
    Peter

    Drostes Kniefall vor Al Qaida ist schlicht erschütternd.

     

    Naja, heißt Islam nicht "Unterwerfung"?

  • H
    hajenu

    http://www.deutschlandwoche.de/tag/gabriele-brinkmann/

    Hier der Kommentar, dem nichts hinzugefügt werden muss:

    Eines muss man den Islamisten einfach lassen: Sie haben es mit beachtlichem Geschick geschafft, sich in eine Lage zu versetzen, die man neudeutsch als „Win-win-Situation“ bezeichnen könnte. Wird irgendwo im Westen eine islamkritische Karikatur abgedruckt, ein islamkritischer Text publiziert oder eine islamkritische Rede gehalten, geben sich besonders beflissene Diener Allahs tödlich beleidigt, blasen zu feurigen Protesten und drohen mit einem Djihad gegen die „Ungläubigen“. Infolgedessen treten mit unschöner Regelmäßigkeit verständnisinnige Demokraten an die Öffentlichkeit, geißeln wortgewandt die angeblich grassierende „Islamophobie“ und fordern mit sorgenzerfurchtem Gesicht, doch bitte die „religiösen Gefühle“ der Muslime nicht zu verletzen. Das wirkt dann in zweierlei Hinsicht: Die Bereitschaft zur präventiven Selbstzensur wächst, und die Islamisten können sich darin bestätigt fühlen, dass es sich bei diesen Westlern ja doch ganz überwiegend um Weicheier handelt, die nicht einmal ihre eigenen Ideale zu verteidigen bereit sind.

     

    Der jüngste Fall einer solchen präventiven Selbstzensur hat sich soeben im Düsseldorfer Droste Verlag zugetragen. Dort sollte eigentlich ein Buch der Autorin Gabriele Brinkmann alias „W.W. Domsky“ mit dem Titel „Wem Ehre gebührt“ erscheinen – ein Kriminalroman, der sich mit dem Thema „Ehrenmorde“ beschäftigt. Doch Verlagsleiter Felix Droste nahm den Titel kurz vor der Drucklegung aus dem Programm. Er hatte die türkische Rechtsanwältin Gülsen Celebi damit beauftragt, Brinkmanns Manuskript auf Stellen zu prüfen, „die die Sicherheit meiner Mitarbeiter oder meiner Familie beeinträchtigen könnten“. Die Krimiautorin lehnte es jedoch ab, von Celebi beanstandete Sentenzen wie „Schiebt euch euren Koran doch…“ oder „Erst die grüne Hölle“ durch „Schiebt euch eure Ehre doch…“ respektive „Erst der grüne Kitsch“ zu ersetzen. Sie verwies darauf, dass nun mal deftige Worte fielen, wenn ihre fiktiven Kommissare miteinander stritten.

     

    Doch Droste ließ sich nicht überzeugen: „Spätestens nach den Mohammed-Karikaturen weiß man, dass man Sätze oder Zeichnungen, die den Islam diffamieren, nicht veröffentlichen kann, ohne ein Sicherheitsrisiko einzugehen“, fand er. Außerdem verlege er „keine Bücher, die die Gefühle einiger Mitmenschen verletzen“. Gabriele Brinkmann hatte dafür überhaupt kein Verständnis: Es sei „ein Skandal, dass ein Verleger bei so etwas den Schwanz einzieht“, sagte sie. „Das ist vorauseilender Gehorsam.“ Zudem gäben die beanstandeten Passagen weder die Meinung des Verlegers noch der Autorin wieder. „Da muss wirklich niemand den Kopf einziehen.“ Nun wartet Brinkmann „auf den ersten demokratischen Verleger, der mich anruft und sagt: Ich werde nicht in vorauseilendem Gehorsam Bücher einstellen“.

     

    Die Islamisten dürfen sich über die Schere in Drostes Kopf freuen: Sie müssen bisweilen nicht einmal mehr drohen, um zu bekommen, was sie wollen. Bemerkenswert ist darüber hinaus aber auch, dass der Verlagsleiter sich bei der Begründung für seinen Schritt in einen einigermaßen grotesken Widerspruch verstrickt hat: Er verwahrt sich gegen eine Diffamierung des Islam, dessen Parteigänger er gleichzeitig für ein Sicherheitsrisiko hält. Doch dafür muss man ihm beinahe dankbar sein. Denn schöner hat die Absurdität des Appeasements gegenüber diesen erklärten Feinden der Freiheit selten jemand anschaulich gemacht.

  • B
    bekraemer

    @Irene

     

    Herr Droste scheint auf jeden Fall nicht der geeignete Verleger zu sein, Zivilcourage zu leben. Da desavouiert man lieber das "Buch des Anstoßes" als qualitativ nicht ausreichend und geriert sich zudem noch als aufrechter Verfechter des Gutmenschentums.

    Hoffentlich kann er sich selbst so weit überzeugen, dass er morgens keinen Brechreiz bekommt, wenn er in den Spiegel schaut.

  • I
    Irene

    Schade, dass Herr Droste auf die Aussage: "Es handelt sich um fiktive Dialoge in einer fiktiven Geschichte, die nicht die Meinung der Autorin oder des Verlags wiedergeben müssen" nicht konkret eingeht. Ich hoffe doch, Autoren dürfen weiterhin Islamophobe, Neonazis, Rassisten, Frauenfeinde etc. als fiktive Figuren darstellen und diesen auch entsprechende fiktive Aussagen in den Mund legen.

  • B
    bekrämer

    http://www.deutschlandwoche.de/tag/gabriele-brinkmann/

     

    Man schaue sich den Text auf dem Schild an. Ich bezweifle, dass Rücksicht auf soviel "Humor" angebracht ist.

  • B
    bekrämer

    Es wäre wirklich außerordentlich hilfreich, das Buch lesen zu dürfen.

     

    Man sollte nicht vergessen, dass Herrn Drostes Argumentation hinsichtlich seiner Weigerung, das Buch zu drucken, im Laufe der Angelegenheit von "es könnte zu Übergriffen auf Mitarbeiter und Familie" zu "das Buch war eh nicht so gut" geschwenkt ist.

     

    Es gibt ein Interview (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/10/05/) von ihm, in dem er explizit zuerst die Gefahrenlage thematisiert und dann erst seine hehre Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern thematisiert. Von der Qualität des Buchs war zu dem Zeitpunkt noch überhaupt nicht die Rede.

    Wenn es seit Wochen im Herbstprogramm des Verlags angekündigt wird, dann ist es im Verlag bereits gelesen und lektoriert worden. Sollte es an Qualität gemangelt haben, hätte man das bereits zu diesem Zeitpunkt festgestellt haben können.

     

    Sieht ein bisschen so aus, als passte er seine Argumentation den Gegebenheiten an.

     

    Man fragt sich übrigens schon, warum er einer Religionsgemeinschaft wegen seiner Einstellung, keine religiösen Gefühle verletzen zu wollen, zubilligt, sich um seine Gefühle gegebenenfalls keinen Deut zu scheren.

    Ist es also wirklich empfehlenswert, Rücksicht auf jemanden zu nehmen, der einem bei einem "gefühltem" Angriff auf den Glauben, die Hütte abbrennen könnte?

  • J
    Jack

    Droste kann als Unternehmer ja wohl selbst entscheiden, welche Bücher er verlegt und welche nicht. Wenn Droste das Buch für rassistisch hält, finde ich es mutig und konsequent, von der Publikation abzusehen. Der Vorwurf der "Zensur" geht jedenfalls ins Leere.

  • C
    Clara

    Es gibt viele, die immer wieder gerne von der Aufhetzung der Menschen profitieren, so zum Beispiel permanent der Spiegel, der scheinbar nur noch so seine Auflagenstärke erhalten kann.

    Auch diese Frau Brinkmann musste wohl die fehlende Qualität ihrer Tätigkeit hinter menschenverachtenden Denkansätzen verstecken.

    Mich erinnert das alles ein wenig auch an den „Stürmer“, im Grunde hat sich bei manchen Medien wohl kaum etwas geändert.

  • M
    Makeze

    Schade das das Buch nicht erscheinen soll. Gerade jetzt würde ich es gerne lesen, nur damit ich mir selber ein Bild darüber machen kann ob das Buch wirklich beleidigend ist.