Verkehrsunfall: Lebensgefahr an der Kreuzung
Wieder Radfahrerin von Lkw überrollt. „Critical Mass“ ruft zu Sit-in auf.
Wieder hat es in Berlin einen Abbiegeunfall gegeben, bei dem eine Radfahrerin von einem Lkw schwer verletzt wurde. Laut Polizei stieß die 29-Jährige am frühen Mittwochabend mit dem Lastwagen zusammen, als sie auf der Friedrichstraße in südlicher Richtung die Kochstraße/Rudi-Dutschke-Straße überqueren wollte. Der 60-jährige Lkw-Fahrer schlug zum Rechtsabbiegen in die Kochstraße ein und übersah die Frau. Sie wurde mit schweren Beinverletzungen in ein Krankenhaus gebracht.
An derselben Stelle kommt es immer wieder zu solchen Unfällen: Im Jahr 2013 wurden gleich zwei Radfahrerinnen angefahren bzw. überrollt, einmal von einem Betonmischer, einmal von einem Lastwagen. Beide überlebten mit schweren Verletzungen.
Oft kommt es schlimmer: Nach Zahlen der Verkehrssicherheit Berlin-Brandenburg GmbH (VSBB) wurden von den 52 zwischen 2008 und 2013 getöteten Radfahrern 16 von abbiegenden Lkws überfahren. Überhaupt weist die Statistik der Polizei Abbiegefehler von Kfz-Fahrern als mit Abstand häufigste Ursache von Unfällen aus, bei denen Radfahrer zu Schaden kommen.
Die VSBB, ein Tochterunternehmen der Fuhrgewerbe-Innung, macht dafür den „toten Winkel“ verantwortlich, in dem Fußgänger oder Radfahrer für den Lkw-Fahrer unsichtbar sind. Viele Verkehrsexperten lassen diese Erklärung nicht mehr gelten. „Für alle Lkws ab 7,5 Tonnen sind Spiegel Vorschrift, die alle Bereiche vor und neben der Fahrerkabine sichtbar machen“, sagt Bernd Zanke vom ADFC Berlin. Von wenigen schwarzen Schafen abgesehen, seien auch alle Lastwagen so ausgestattet.
Laut Zanke ist deshalb meist menschliches Versagen, sprich: Unaufmerksamkeit, die Ursache. Minimieren ließen sich die Unfälle dennoch, etwa durch die Pflicht für Transportunternehmen, ihre Fahrzeuge mit einem „Abbiegeassistenten“ auszustatten. Dieser gibt wie der Einparkassistent eines Pkws akustische Signale, wenn sich jemand in der Gefahrenzone aufhält.
Die Fahrradbewegung „Critical Mass“ will am Freitag auf die Problematik hinweisen und ruft zum Sit-in am Unfallort auf. Das politische Massenradeln, das wie jeden letzten Freitag im Monat um 20 Uhr zwischen Mariannen- und Heinrichplatz startet und bei dem eigentlich keine Routen vorgegeben sind, soll diesmal als Erstes zum U-Bahnhof Kochstraße führen. Teilnehmern zufolge will man mit dem Sit-in der verletzten Radfahrerin „Mut zusprechen und auf die untragbare Situation des Lkw-Verkehrs in Berlin aufmerksam machen“. In anderen Ländern herrsche Lkw-Verbot in Innenstädten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?