Verkaufsstart des iPad-Konkurrenten: "WeTab" enttäuscht auf ganzer Linie
Die Reaktionen auf den von der Berliner Firma Neofonie hergestellten iPad-Konkurrenten sind äußerst verhalten: Es fehlen zahlreiche Funktionen.
BERLIN taz | Was gab es bloß für ein Drama um das "WePad" der Berliner IT-Firma Neofonie: Zunächst im April großspurig als direkter iPad-Konkurrent angekündigt, musste der Hersteller kurz darauf einräumen, er habe die Öffentlichkeit mit einem Demo-Film getäuscht. Das Gerät selbst funktionierte noch nicht.
Nach einigem Hin und Her gab es dann Monate später doch erste Einheiten für die Presse zu sehen, allerdings stets unter Aufsicht von Neofonie-Mitarbeitern. Zwischenzeitlich wurde auch noch der Verkaufsstart verschoben und das verwendete Betriebssystem verändert.
Jetzt, ein knappes halbes Jahr später, soll der Tablet-Rechner endlich verfügbar sein. Vermutlich aus Angst vor einer Klage von Apple wurde er zwischenzeitlich in "WeTab" umbenannt. Der Verkaufsstart läuft nicht gerade rund, wie man auf der offiziellen WeTab-Facebook-Seite seit Dienstag quasi live mitverfolgen kann. Einige erste Geräte werden bei Mediamarkt und Amazon angeboten und treffen nach und nach bei Kunden ein. Vertriebspartner ist der für seine "Aldi-PCs" bekannte Elektronik-Händler Medion.
Zuletzt hatte Neofonie Journalisten im September eine neuerliche Vorabversion demonstriert - und zusammen mit seinem Münchner Entwicklungsparter 4tiitoo versprochen, dass man die deutlichen Softwareprobleme vor dem Verkaufsstart in den Griff bekommt. Dem ist allerdings offensichtlich nicht so: Wie Erstkäufer berichten, fehlen dem ausgelieferten WeTab zahlreiche angekündigte Funktionen. Da wäre zunächst das für Tablet-Rechner essentielle Multitouch - also das Bedienen des Bildschirms mit mehr als einem Finger gleichzeitig. Mit Hilfe dieser Funktion kann man bequem Seiten vergrößern, in Fotos hineinzoomen und schneller auf der virtuellen Tastatur tippen. Der Hinweis auf Multitouch wurde mittlerweile sogar von der WeTab-Website genommen.
Auch bei Flash, jenem Multimedia-Standard, den Apples iPad bewusst nicht unterstützt, hat das WeTab Macken: YouTube-Videos laufen in Standardauflösung zwar ordentlich, dreht man sie auf, fangen sie jedoch an zu ruckeln. Probleme soll es außerdem bei der Mobilverbindung geben, die das teurere der zwei WeTabs (570 Euro) ambietet. Was ebenfalls noch fehlt, ist eine Anwendung zur Videotelefonie. Ebenfalls unschön: Das WeTab wiegt laut einem Bericht des Computerfachblatts "Chip" mehr, als Neofonie angekündigt hat. Die teurere Version kommt auf satte 1020 Gramm und damit 300 Gramm mehr als das iPad.
Auch auf der Software- und Contentseite hat Neofonie noch allerhand Nachholbedarf. So stehen im "WeTab Market", dem Software-Laden für das Tablet, bislang nur wenige Anwendungen zur Verfügung. Andere Möglichkeiten, sich Programme herunterzuladen, finden sich trotz Ankündigung noch nicht. Ebenso bastelt Neofonie noch an Partnerschaften mit großen Verlagen.
Was man mit dem WeTab also derzeit vor allem tun kann, ist Surfen: Das klappt mit dem eingebauten Browser recht gut, der auf der auch von Apple verwendeten "Webkit"-Technik basiert.
Bei den Kunden herrscht eine Stimmung zwischen Wut und Enttäuschung - einige hoffen aber darauf, dass sich die Probleme allesamt mit Hilfe frischer Software lösen lassen. Auf Facebook kündigte Neofonie unterdessen "noch in dieser Woche" ein Update an, "das weitere Funktionen freischalten wird". Welche das sind, sagt die Firma nicht. Genügend entnervte Käufer gibt es allerdings bereits: Auf Facebook und im inoffiziellen WeTab-Forum finden sich einige, die ihre Gerät noch vor irgendwelchen hypothetischen Software-Problembehebungen zurück zu Mediamarkt tragen wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen